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Erstmals Handbuch zur Radio-TV-Beschwerdepraxis

eidgenossenschaftBern, 12.12.2014 – Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) feiert 2014 ihr 30-jähriges Jubiläum. Sie veröffentlicht aus diesem Anlass ein Handbuch über ihre Tätigkeit und über die Medienregulierung in der Schweiz.

Bei der Behandlung von Beschwerden hat die UBI grundsätzlich eine Abwägung zwischen der Medienfreiheit und dem gebotenen Schutz des Publikums vorzunehmen. Die Medienfreiheit ist für eine Demokratie von zentraler Bedeutung. Wie alle Grundrechte unterliegt aber auch die Radio- und Fernsehfreiheit Schranken. Das schweizerische Rundfunkrecht sieht Mindestanforderungen an den Programminhalt vor, um die freie Meinungsbildung des Publikums zu gewährleisten und zu dessen Schutz vor unzulässigen Ausstrahlungen. Dazu gehören etwa Informationsgrundsätze wie das Sachgerechtigkeits- und das Vielfaltsgebot, die Beachtung der Grundrechte mit dem Diskriminierungsverbot und der Achtung der Menschenwürde, das Verbot von Gewaltverherrlichung bzw. Gewaltverharmlosung oder der Schutz Minderjähriger. Das Publikum nimmt im ganzen Aufsichtsverfahren eine zentrale Rolle ein, entscheidet es doch darüber, in welchen Fällen die UBI und die ihr vorgelagerten Ombudsstellen tätig werden dürfen.

„Zwischen Medienfreiheit und Publikumsschutz“ lautet auch der Titel eines Buchs, das die UBI zu ihrem 30-Jahr-Jubiläum veröffentlicht. Es besteht aus zwei Aufsätzen: Roger Blum, der Präsident der UBI, ermöglicht in seinem Beitrag einen Überblick über die vielfältige Medienregulierung in der Schweiz. Der Sekretariatsleiter Pierre Rieder stellt in seinem Aufsatz die UBI vor und fasst ihre Rechtsprechung anhand von Fallbeispielen zusammen. Die Schrift soll der interessierten Öffentlichkeit und namentlich Radio- und Fernsehkonsumentinnen und -konsumenten, Medienschaffenden und Medienverantwortlichen eine praktische Hilfe bieten. Sie ist kostenlos und kann beim Sekretariat der UBI bestellt oder von der UBI-Website heruntergeladen werden.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern. Auf Beschwerde hin hat sie festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Die Beratungen der UBI sind grundsätzlich öffentlich und die Beschwerdeverfahren für die Beteiligten kostenlos.

Bundesrat zeigt Fördermöglichkeiten für die Medien auf

eidgenossenschaftBern, 05.12.2014 – Der Strukturwandel in der Medienbranche setzt sich fort, die Medienkonzentration nimmt weiter zu und Werbegelder fliessen vermehrt in den Online-Bereich. Zu diesen Schlüssen gelangt der Bundesrat in einem Bericht, der in Erfüllung einer Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats erstellt worden ist. Der Bericht zeigt auch auf, wie die Medienbranche kurzfristig unterstützt werden könnte. Er ist gegenüber der schnellen Einführung neuer Fördermassnahmen jedoch zurückhaltend.

In seinem Bericht „Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien“ präsentiert der Bundesrat eine Gesamtschau der schweizerischen Medienlandschaft und zeigt Förderansätze für die Medien auf. Er kommt zum Schluss, dass die Medienkonzentration zunimmt und die Umverteilung von Werbegeldern in die Online-Medien den traditionellen Abonnements- und Kaufzeitungen weiter zusetzt. Dabei geraten insbesondere kleinere Lokal- und Regionalzeitungen unter stärkeren Druck, als dies vor wenigen Jahren noch der Fall war. Die grossen Verlage sind dank ihrer diversifizierten Portfolios besser in der Lage, mit solchen strukturellen Umbrüchen umzugehen. Lokale und regionale Online-Angebote haben jedoch Mühe, sich im Medienmarkt zu etablieren. Der Bericht erfüllt die Motion „Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien“, die von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) am 19. Januar 2012 eingereicht wurde.

Eigenverantwortung der Medienbranche

Die Umwälzungen in der Medienbranche werfen die Frage nach neuen Fördermodellen auf. Es gilt aber, die voreilige Einführung weitgehend ungeprüfter Förderansätze zu verhindern. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Medienbranche den Strukturwandel weitgehend selbst bewältigen kann. Für den Fall, dass das Parlament eine unterstützende Begleitung des Strukturwandels als sinnvoll erachtet, zeigt er in seinem Bericht kurzfristig realisierbare, aber auch längerfristige Handlungsoptionen auf.

Kurzfristig realisierbare Fördermöglichkeiten

In einer ersten Phase sind schnell wirkende Massnahmen möglich, die ohne langwierige Gesetzesanpassungen umgesetzt werden können. Hier sieht der Bundesrat die Möglichkeit, die Mehrwertsteuersätze für Print- und Onlineprodukte anzugleichen oder das Engagement in der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden zu verstärken. Weiter besteht die Möglichkeit, den Basisdienst der Schweizerischen Depeschenagentur sda in französischer und italienischer Sprache mit einem jährlichen Beitrag zu unterstützen.

Bis Alternativen vorhanden sind, ist die Beibehaltung der indirekten Presseförderung über die Zustellermässigung für Zeitungen und Zeitschriften angezeigt, um den Druck auf die gedruckte Presse nicht zu verstärken. Zudem können die Angebote der Kommission für Technologie und Innovation vermehrt genutzt werden.

Mittel- bis langfristige Perspektiven

Mittel- und langfristig erachtet es der Bundesrat als sinnvoll, die Debatte über die Definition des Service public im Medienbereich zu führen. Diese wurde durch zwei parlamentarische Vorstösse angeregt. Anschliessend kann – unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen – geprüft werden, ob neben den etablierten, bereits heute geförderten Radio- und Fernsehangeboten auch die Unterstützung von Online-Medien Sinn macht. Ein Bericht des Bundesrats zum Service public im Medienbereich soll 2016 vorliegen.

Vorbehalt zur Verteilung von Fördergeldern durch eine Stiftung

Die Befunde und Vorschläge des Bundesrates decken sich zu grossen Teilen mit denjenigen der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), welche am 5. September 2014 publiziert wurden. Vorbehalte hat der Bundesrat gegenüber der von der EMEK vorgeschlagenen staatsfernen, unabhängigen Stiftung zur Verteilung von Fördergeldern. Abgesehen davon, dass für eine solche Stiftung die Verfassungsgrundlage fehlt, wirft die Idee auch inhaltliche und organisatorische Fragen auf.

Gebühren für Radio und Fernsehen bleiben unverändert

eidgenossenschaftBern, 28.11.2014 – Die Höhe der Gebühren für den Radio- und Fernsehempfang bleibt bis zum Inkrafttreten des neuen Abgabesystems unverändert. Nach dem heutigen Entscheid des Bundesrates werden somit private Haushalte voraussichtlich bis 2018 weiterhin 462 Franken pro Jahr bezahlen müssen. Auch für den gewerblichen und den kommerziellen Empfang bleiben die Gebühren gleich. Die letzte Gebührenerhöhung datiert vom April 2007.

Der Bundesrat überprüft in der Regel alle vier Jahre, ob die Höhe der Radio- und Fernsehempfangsgebühren noch angemessen ist. Der Ertrag der Empfangsgebühren dient insbesondere dazu, die Erfüllung des SRG-Leistungsauftrags zu finanzieren. Die privaten Veranstalter (Lokalradios, Regionalfernsehen) sowie die Nutzungsforschung, die Förderung von neuen Technologien, das BAKOM und die Billag erhalten ebenfalls einen Gebührenanteil. Für die kommenden Jahre bis zum Inkrafttreten des neuen Abgabesystems bleibt die Höhe der Empfangsgebühren unverändert.

Das Parlament hat in der vergangenen Herbstsession eine Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) beschlossen. Dagegen ist aber das Referendum lanciert worden. Die Gesetzesänderung hätte die Einführung eines neuen Abgabesystems zur Folge, das vor­aussichtlich auf Anfang 2019 zu einer spürbaren Senkung der Radio- und Fernsehgebühren für private Haushalte führen würde.

Nach dem Willen des Parlaments sollen mit den Abgaben für Radio und Fernsehen zusätzliche Aufgaben finanziert werden: So kann der Anteil privater konzessionierter Radio- und Fernsehstationen an den Gebühren bis auf 6 Prozent erhöht werden (heute 4 Prozent), die Förderung neuer Technologien wird verbessert und die Untertitelung für sinnesbehinderte Personen bei regionalen TV-Stationen sowie die Rundfunkarchivierung werden künftig aus Gebührengeldern finanziert.

Der Bundesrat erwartet für die Jahre 2015 bis 2018 durchschnittlich 11 Millionen Franken mehr Gebühreneinnahmen pro Jahr, die auf die steigende Anzahl zahlender Haushalte zurückzuführen sind. Mit diesen Mehreinnahmen und mit bestehenden Gebührenüberschüssen aus früheren Jahren sollten bis zur Einführung des neuen Abgabesystems auch die sich aus der beschlossenen Gesetzesrevision zusätzlich ergebenden Aufgaben finanziert werden können.

Jahrbuch Qualität der Medien 2014 – es geht abwärts

logoJournalismus unter der Diktatur der Reichweite
Unterhaltung, Gratis-Angebote und Infotainment bringen Reichweite und Werbegelder, der klassische Informationsjournalismus verliert. Damit verdrängt die Reichweite die Qualität. Bei den Gratisangeboten leidet die Qualität, weil sie nicht gepflegt werden muss, bei den Kaufangeboten leidet sie, weil sie immer weniger finanziert werden kann. Dadurch schrumpfen die Angebots-, die Akteurs- wie die Themenvielfalt. Die Widerstände gegen diese Entwicklung in der Branche sind gering, die Marktzwänge erscheinen ihr als Naturgewalten.

Im fünften Jahrbuch Qualität der Medien – Schweiz Suisse Svizzera stellen wir – neben den anhaltenden Verlusten der  Werbe- und Kaufeinnahmen im Informationsjournalismus – die folgenden nachhaltigen Entwicklungen fest.

Unterhaltungsangebote profitieren ökonomisch
Die Werbeeinnahmen verschieben sich in zunehmendem Mass in Richtung Unterhaltungsangebote. Festzustellen ist weiterhin eine markante Zunahme der Werbeerlöse der Werbefenster ausländischer TV-Privatsender, während die Anteile des öffentlichen Fernsehens rückläufig sind. Auch private TV-Unterhaltungsangebote der Schweiz (z.B. 3+) haben einen grösseren Erfolg bei den Werbeeinnahmen als die privaten TV-Angebote mit Informationsjournalismus.
Während die Gratiskultur die Kaufbereitschaft für Informationsjournalismus gesenkt hat, wird Unterhaltung durch die Kaufbereitschaft des Publikums gestützt. Gemäss einer WEMF-Umfrage 2014 sprechen sich nicht weniger als 57% der Befragten grundsätzlich dagegen aus, für Zeitungen und Zeitschriften online zu bezahlen. Die Haushaltausgaben für Medien steigen, obwohl diejenigen für Informationsjournalismus sinken.

Reichweite verdrängt Qualität
Der Trend in Richtung Unterhaltungsangebote lässt sich auch innerhalb des Informationsjournalismus beobachten: Gratisangebote on- und offline, die auf rasch konsumierbares Infotainment setzen, weisen mit Abstand die grössten Reichweiten auf, werden mit überdurchschnittlich hohen Werbeeinnahmen belohnt und verdrängen dadurch die Kaufangebote mit klassischem Informationsjournalismus. Diese Entwicklung wird durch den wachsenden mobilen Medienkonsum verstärkt. Unterwegs werden wenig anspruchsvolle Medieninhalte bevorzugt.

Social Networks verstärken den Infotainment-Trend
Der Trend zur Unterhaltung wird auch durch die Social Networks verstärkt. Annähernd drei Viertel der im Jahr 2013 viral am meisten verbreiteten Beiträge sind Softnewsbeiträge. Zudem weisen jene Newssites die grössten Zugriffsraten aus den Social Networks auf, die auf Infotainment setzen.
Die Nutzer in den Social Networks betreiben eine vorwiegend gemeinschaftliche Kommunikation. Selbstdarstellung, das Sammeln von «Likes» und das Maximieren von Aufmerksamkeit im Netzwerk der «Friends» stehen im Zentrum. Deshalb werden moralisch-emotionale, unterhaltende oder skan-dalisierende Inhalte bevorzugt. Die starke Nachfrage nach Human Interest aus den Social Networks wird so zu einem Antagonisten des Hardnewsjournalismus.

Negativspiralen und Qualitätseinbussen
Die Qualitätserosion in der Medienarena hält aus den genannten Gründen an. Die meisten der untersuchten Medien weisen im Jahr 2013 tiefere Werte als im Vorjahr und die tiefsten Messwerte seit
Beginn der Messung im Jahr 2010 auf. Bei den qualitätsniedrigen Informationsangeboten sinkt die Qualität weiter, weil sie bei den Gratisangeboten nicht nachgefragt wird. Bei den Informationsangeboten mit Qualitätsanspruch sinken unter dem Druck der Sparrunden, wegbrechender Einnahmen, der Klickratenorientierung und unter dem Aktualitätsdruck dagegen vor allem die Einordnungsleistungen. Aber auch Softnews werden bei Medien mit Qualitätsanspruch wichtiger, d.h. auch hier nimmt die Relevanz vor allem bei den Online-Newssites ab.

Erosion der journalistischen Berufskultur
Um Renditen im Informationsjournalismus aufrechtzuerhalten, erfolgt neben unaufhörlichen Spar-runden eine Industrialisierung und eine Marketingsteuerung der Newsproduktion. Redaktionen verlieren mitsamt ihren Ressortspezialisierungen an Bedeutung zugunsten neuer Werkhallen des Allroundjournalismus. Innerhalb der journalistischen Berufskultur regt sich zwar etwas mehr, insgesamt aber immer noch wenig Widerstand gegen diese Entwicklung.

«Medienhypes» und veränderte Resonanzchancen für politische Akteure
Neben der Abnahme der Einordungsleistungen und der Zunahme von Softnews reduziert sich die Themen- und die Akteursvielfalt. Themen, die früher zur Nische des Boulevardjournalismus gehörten, werden auch von Medientiteln mit Qualitätsanspruch aufgenommen und entfalten sich zu «Medien-hypes», die die ganze Medienarena beherrschen. Exemplarisch für das Jahr 2013 war hier der Fall «Carlos». Diejenigen Themen erhalten am meisten Berichterstattung, die moralisch-emotional aufgeladen werden.
Entsprechend erzielen auch diejenigen Akteure am meisten Resonanz, die ihre Themen stark auf Gegensätze zuspitzen und Differenzierungen vermeiden. Diejenigen politischen Akteure, die dies praktizieren werden mit hoher Aufmerksamkeit belohnt, diejenigen, die abwägen, werden mit geringer Resonanz bestraft.

Massnahmen sind notwendig
Die strukturelle Krise, der Qualitätsverlust und die immer noch geringe Widerstandkraft in der Branche gegen möglichst billigen, reichweitenzentrierten Journalismus sind Probleme, die die Medienkonsumenten als Bürger eines demokratischen Gemeinwesens betreffen. Medienpolitische Reflexionen sind deshalb nötig. Das Jahrbuch begrüsst die diesbezüglichen Diskussionen und die Standortbestimmung der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK).

Untersuchungsanlage und Methodik
Die Untersuchung der Qualität der Medien vollzieht sich auf zwei Stufen. Erstens wird die publizistische Versorgung – d.h. die Auflage bzw. die Nutzung, die Einnahmen und die Besitzverhältnisse der Informationsmedien in der Schweiz – untersucht. Im Jahre 2013 erreichen 145 Medientitel die für diese Untersuchung erforderliche Abdeckungsrate von 0.5% der Wohnbevölkerung pro Sprachregion. Von diesen Titeln werden jeweils in einem zweiten Schritt die 48 bedeutendsten Titel aller Mediengattungen (Presse, Radio, Fernsehen, Newssites) in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz einer Qualitätsanalyse unterzogen auf der Basis der Merkmale Vielfalt, Relevanz, Aktualität und Professionalität (Weiterführende Angaben zur Methodik und zum zugrunde liegenden Qualitätsver-ständnis auf www.foeg.uzh.ch).

Jahrbuch 2014 Qualität der Medien • Schweiz Suisse Svizzera
Wozu dieses Jahrbuch? Das Ziel dieses Jahrbuchs ist die Stärkung des Qualitätsbewusstseins bei den Medienmachern und beim Publikum. Das Jahrbuch bildet eine Quelle für Medienschaffende, Akteure aus Politik und Wirtschaft, die Wissenschaft und für alle Interessierte, die sich mit der Entwicklung der Medien und ihren Inhalten auseinandersetzen wollen. Anstoss für das Jahrbuch bildet die Einsicht, dass die Qualität der Demokratie von der Qualität der medienvermittelten Kommunikation abhängt. Das Jahrbuch will einen Beitrag dazu leisten, dass die Qualität der Medien ein wichtiges Thema öffentlicher Kommunikation wird.
Wer zeichnet für dieses Jahrbuch verantwortlich? Das Jahrbuch wird herausgegeben durch das fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich (www.foeg.uzh.ch). Folgende Autoren sind am Jahrbuch 2014 beteiligt (in alphabetischer Reihenfolge): Urs Christen, Mark Eisenegger, Patrik Ettinger, Angelo Gisler, Lucie Hauser, Kurt Imhof, Esther Kamber †, Mario Schranz, Linards Udris und Daniel Vogler.
Wer finanziert und unterstützt dieses Jahrbuch? Die Finanzierung für das Jahrbuch wird durch die gemeinnützige Stiftung Öffentlichkeit und Gesellschaft (www.oeffentlichkeit.ch) eingebracht. Der Stiftungsrat setzt sich zusammen aus: Christine Egerszegi-Obrist, Kurt Imhof, Yves Kugelmann, Fabio Lo Verso, Dick Marty, Oswald Sigg und Peter Studer.
Die Stiftung verdankt die Mittel für das Projekt den folgenden Donatoren: Adolf und Mary Mil Stiftung, Allreal Holding AG, Anne Frank Fonds Basel, Credit Suisse Foundation, Die Schweizerische Post AG, Verband Interpharma Basel, Paul Schiller Stiftung, Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Swiss Re, Zürcher Kantonalbank und verschiedenen Einzeldonatoren.
Wo erscheint das Jahrbuch? Das Jahrbuch erscheint im Schwabe Verlag in gedruckter Form (ISBN 978-3-7965-3320-4) und als Online-Book (ISBN 978-3-7965-3321-1). Unter www.foeg.uzh.ch publiziert das fög laufend weitere Untersuchungen und kommuniziert deren zentrale Befunde. Daneben publiziert das fög unterjährig Studien und Reflexionen, die auf www.schwabeverlag.ch beziehbar sind.
Dieses Jahrbuch widmen wir unserer verstorbenen Forschungsleiterin Esther Kamber. Sie hat dieses Unternehmen entscheidend geprägt.

Neues Radio- und Fernsehgesetz für den Ballenberg

Die Legislative (Ständerat und Nationalrat) hat ein Gesetz verabschiedet, das bestens in die historische Umgebung des Ballenberg passt.

Es wird für Private und Firmen eine Zwangsabgabe oder Kopfsteuer eingeführt, unabhängig davon, ob die entsprechenden Medien konsumiert werden oder nicht. Eine Kopfsteuer ist per se asozial. Für Leute mit geringem Einkommen sind auch 400.- CHF sehr viel Geld pro Jahr.

Ganz gegen den Trend läuft auch der Ansatz, dass ich mit einer Pauschalgebühr Inhalte finanzieren muss, die mich gar nicht interessieren.

  • Wozu soll ich teure TV-Rechte an Fussball Live-Sendungen mitfinanzieren, wenn meine sportlichen Neigungen eher bei Skateboard liegen?
  • Warum muss ich für die blamablen Rate- und Quiz-Sendungen zahlen, die im Vorabend Programm laufen?
  • Interessiert mich welcher Promi Hämorrhoiden hat?

Bis jetzt habe ich von den Politikerinnen und Politiker noch keine sinnvolle Antwort erhalten.

Der Staat inszeniert hier eine Mediendiktatur, die im Zeitalter der Informationsgesellschaft völlig quer in der Landschaft liegt. Der Trend geht ganz klar von den etablierten Medien Radio und Fernsehen weg zu Formaten, die via Internet abrufbar sind.
Es ist eklatant, dass die alten Medien in dieser Form unterstützt werden und neue Formate im Internet gehen leer aus. Suisa, Swissimage und ProLitteris hätten hier auch noch ein paar Aufgaben zu lösen. Warum bekommt ein erfolgreicher Autor, der in einem Blog publiziert keine Kopierentschädigungen. Wird der gleiche Artikel in einer abonnierten Zeitschrift abgedruckt, werden Kopierentschädigungen bezahlt!?
Der Staat kann seine Informationsaufgabe gegenüber der Bürgerin und dem Bürger auch in anderer Form erfüllen. Dazu benötigt man kein Staatsradio oder Staatsfernsehen. Jede grössere Verwaltungseinheit hat heute eine Medienbeauftragte. Zu vielen wichtigen Projekten gibt es Medienveranstaltungen mit Medien-Dossiers. Die Pressemeldungen und Ankündigungen der Verwaltung sind fast ausnahmslos auf deren Webpage verfügbar. Zum Teil gibt es sogar Videomittschnitte, die via Internet abrufbar sind. Dazu braucht es keine SRG.
Vollends nachvollziehbar wird dieser Gedanke, wenn man sich überlegt, wie sich die Finanzierung der Übertragungsinfrastruktur verschoben hat. Früher finanzierten TV- und Radio-Sender teure Sendeanlagen. Heute finanziert die Kundin oder der Kunde die Übertragungstechnik, Internet-Anschluss, DSL-Modem, Router, Internetabo etc. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die anvisierten Inhalte in der Regel nicht in der Schweiz, z.B. Serien, Musikvideos etc. Für diese Inhalte ist der Vertriebskanal eines staatlichen Radio und Fernsehens obsolet. Das gleiche gilt auch für die privaten Betreiber.
Höchste Zeit also, dass man den Servicepublic neu definiert,

  • sozial verträglich
  • Service Public eng gefasst
  • individualisiert
  • Kosten nach Konsum verrechnet

Abstimmungs- und Wahlinfos soll die Verwaltung analog FCB-TV, FCZ-TV, Quartier-TV selber produzieren. Abstimmungsunterlagen auf Papier in Ehren, aber ohne QR-Code mit Link auf einen Videobeitrag, wo alles erklärt wird, sind sie obsolet. Das alles wäre mit einem Bruchteil des jetzigen SRG-Budgets möglich und könnte über die Steuern finanziert werden. Damit wäre die Servicepublicaufgabe erfüllt.

Sport-Livesendungen sollten per Pay per View verfügbar sein. So wie das in einzelnen Sportverbänden in der USA teilweise gehandhabt wird.

Unterhaltung, Film, News zu aktuellen Geschehen in der Welt und in dem Land kann man den etablierten Verlagen überlassen. Mit der heutigen Medienkonvergenz ist sowieso jede Zeitung auch ein Videojournal.

Das Staatsfernsehen und –radio in der heutigen Form und mit dem heutigen Finanzierungsmodell darf man getrost in den Ballenberg verabschieden.

Das würde den Blick frei machen auf künftige Medienentwicklungen und die Rolle des Staates in der digitalen Medienlandschaft könnte darin neu gedacht werden.

Schweizer Medienkongress – Rede von Bundesrat Alain Berset

eidgenossenschaft«Im Falle eines Weltuntergangs wäre ich am liebsten in der Schweiz», sagte Albert Einstein. «Dort geschieht alles etwas später.»

Hat Einstein recht? Wahrscheinlich würde der Weltuntergang in der Vernehmlassung zerzaust; spätestens jedoch im Parlament. Vielleicht wären aber auch die verschiedenen Vorstellungen über einen angemessenen Weltuntergang bereits im Bundesrat unüberbrückbar. Und dann das Volk! Man darf annehmen, dass es den Weltuntergang ablehnen würde.

Für einmal irrte Einstein also: Der Weltuntergang geschähe hierzulande nicht einfach später, er wäre völlig chancenlos.

Globaler Markt trifft auf direkte Demokratie

Aber der Zeitgeist ist schon eher pessimistisch. Die Zeitungen sind voll von geopolitischen Unsicherheiten, von der Krise der Mittelschicht, von Abstiegsängsten. Die unheilvollen Schlagzeilen vermehren sich, und das vor dem Hintergrund eines globalen Machtvakuums.

Wer regiert die Welt? Schwer zu sagen. Der amerikanische Politologe Ian Bremmer beispielsweise spricht von der „G-0″. Man könnte auch sagen: Die stärkste Kraft ist die Globalisierung. Sie bringt grosse wirtschaftliche Chancen mit sich, aber auch eine tiefgreifende Verunsicherung. Das führt in vielen Ländern zu einem Rückzug auf das Eigene, Vertraute, Überschaubare.

Diese Dialektik ist auch in der Schweiz zu beobachten. Unser Land gehört zu den am stärksten globalisierten Ländern überhaupt – mit allen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen, die das beinhaltet.

In unserem Land – und nur hier! – treffen die globalen Marktkräfte auf die direkte Demokratie. Die Schweiz ist „bottom-up“ aufgebaut, während die Logik der globalen Wirtschaft stark „top-down“ funktioniert. Das macht die Schweiz zu einem Sonderfall, was die gesellschaftliche Akzeptanz der Globalisierung angeht. Wir beurteilen auch an der Urne, ob die verschiedenen Prozesse der Internationalisierung uns eher bedrohen – oder ob doch die Chancen überwiegen.

Die heutige Schweiz mit ihrer im Weltmassstab überschaubaren Bevölkerung von acht Millionen erscheint in der Logik der internationalen Arbeitsteilung als ein einziger Wirtschafts-Cluster. Und als ein höchst erfolgreicher dazu.

Und trotzdem: In Teilen der Bevölkerung herrscht ein gewisses Unbehagen gegenüber einer Wirtschaft, die als von den Menschen abgekoppelt wahrgenommen wird. Exorbitante Löhne, der Imperativ der ständigen Selbst-Vermarktung oder das Leben unter dem Damokles-Schwert der nächsten Restrukturierung – all diese Aspekte der globalisierten Wirtschaft stossen mit Kernwerten unseres Landes wie Bescheidenheit und Beständigkeit zusammen.

Und auch Ängste vor starker Einwanderung und kultureller Entfremdung haben sich deutlich manifestiert in letzter Zeit. Die Schweiz hat einen der höchsten Ausländeranteile der Welt. Fragen nach der nationalen Identität, nach dem Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden haben zurzeit Hochkonjunktur.

Fazit: Dass es im Gebälk des Schweizer Selbstverständnisses ab und zu knirscht, darf niemanden überraschen. Das häufig diagnostizierte „Unbehagen“ trotz wirtschaftlichem Erfolg ist kein Mysterium. Es ist schlicht Ausdruck der Tatsache, dass die Schweiz demographisch ein Riesenzwerg – aber wirtschaftlich ein kleiner Riese ist.

Die Schweiz gibt komplizierte Antworten

Die Globalisierung und die Europäisierung – die ja nicht nur, aber auch, eine Facette der Globalisierung ist – stellen unser Selbstverständnis in Frage. Die einfachste Antwort wäre natürlich Nationalismus. Wir beobachten denn auch in etlichen Ländern den Aufstieg dieser Kräfte.

In vielen Länder scheint die Identitätsfrage klar und eindeutig zu beantworten sein: „Wir sind wir!“ Die kulturell und sprachlich vielfältige Schweiz kann diese einfache Antwort nicht geben. Wir lassen uns nicht auf einen gemeinsamen kulturellen Nenner bringen.

Nous, ce sont aussi les autres. Ceux avec qui nous partageons un Etat et des valeurs-clé. Au cœur de notre identité, on trouve aussi la démocratie directe, le fédéralisme, le plurilinguisme, la diversité culturelle, le respect des minorités. Le nationalisme n’est donc pas seulement la mauvaise réponse.C’est aussi un danger pour notre pays.

Notre patriotisme ne peut donc être qu’un patriotisme institutionnel. C’est ce qui nous différencie de beaucoup d’autres pays. Un nationalisme ethnico-culturel s’adressant à un collectif homogène ne peut exister dans notre pays.

« Qui sommes-nous ? » : la Suisse est un pays qui ne peut donner qu’une réponse compliquée à cette question pourtant simple.

Confrontés aux différentes forces centrifuges qui agitent notre société, nous avons logiquement tendance à nous tourner vers ce que nous connaissons, ce qui nous est familier.

On ne renforce pas une identité avec des mots, mais bien avec des actes. Se dire patriote est une chose. Contribuer à la cohésion sociale, l’un des piliers de la réussite de notre pays, en est une autre.

Les ressources politiques et culturelles de la Suisse ne sortent pas d’une pochette surprise. On ne les trouve pas non plus dans le sous-sol de la prairie du Grütli. Nous les avons patiemment constituées. Nous les soignons grâce à notre capacité à trouver des compromis, à préserver l’équilibre entre les forces politiques et les différentes régions du pays.

L’histoire de la Suisse est pleine de ces ponts jetés au-dessus de nos fossés religieux, linguistiques, politiques ou sociaux. Je sais, le compromis a plutôt mauvaise presse, mais notre capacité à faire des compromis est un atout majeur. C’est cela notre véritable formule magique. Celle qui nous permet de trouver, encore et toujours, l’équilibre entre compétitivité et solidarité. Préserver cet équilibre est un défi de taille pour notre culture politique.

Il nous faudra parallèlement, et c’est le but du Conseil fédéral avec son Message culture, renforcer notre diversité. Renforcer notre diversité pour répondre à la mondialisation.

Je l’ai dit : résoudre les problèmes et jeter des ponts est inscrit dans notre ADN politique. Et heureusement, car le travail ne manque pas. Regardez le marché de l’emploi: nous devons absolument renforcer notre propre potentiel. On ne peut accepter que les femmes hautement qualifiées ne travaillent qu’à temps partiel parce que leur pays ne leur permet pas de concilier travail et famille. On ne peut accepter non plus, a fortiori dans une société vieillissante, que les plus de 50 ans craignent d’être exclus du marché du travail.
Le culte de la jeunesse a ses limites. Celles du bon sens.

Ces points de friction entre économie et société doivent être résolus au profit de la société, pour que l’économie renforce sa légitimité auprès de la population. Sinon, les votations tourneront systématiquement au règlement de comptes.

Die Gesellschaft ist kein erweitertes Headquarter. Die Gesellschaft ist in mancherlei Hinsicht sogar das exakte Gegenteil eines Unternehmens. Die Unternehmen bevorzugen natürlich die Verfügbarsten, die Flexibelsten, die manchmal zugleich auch die Besten sind. Die Gesellschaft aber ist für alle verantwortlich, nicht nur für die jungen, gesunden, kinderlosen, hoch qualifizierten Spitzenkräfte.

In der Globalisierung wächst auch der Stellenwert der sozialen Sicherheit. Zum „Versprechen Schweiz“ – zum politisch-psychologischen Vertrag zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern – gehört auch ein Alter in materieller Würde.

Die Reform der Altersvorsorge ist ein Lackmus-Test für unsere politische Kultur. Sie wird nur gelingen, wenn wir uns unserer Stärken besinnen: Kompromissfähigkeit, Pragmatismus, die Bildung breiter Koalitionen.

Wir müssen uns verstehen

Die Globalisierung – und mit ihr die Dominanz der Weltsprache Englisch – stellt eine Herausforderung dar für unseren nationalen Zusammenhalt. Unsere Landessprachen sind mehr als ein Kommunikationsmittel – sie sind das Eintritts-Billet zu einer ganzen Kultur. Wir müssen uns in der Schweiz gegenseitig gut verstehen, sonst funktioniert unser Land nicht.

Sicher, das bedeutet Arbeit. Und viele sehnen sich, verständlicherweise, nach Entlastung in einer ohnehin schon anstrengenden Zeit. Aber, um es mit G.K. Chesterton auf Frühenglisch zu sagen: „Do not free a camel of the burden of his hump; you may be freeing him from being a camel.“ Ohne Höcker wäre das Kamel zwar entlastet, aber eben leider kein Kamel mehr. Und ohne Mehrsprachigkeit wäre die Schweiz zwar globalisierungsfähig – aber eben leider nicht mehr die Schweiz.

Zudem gilt es zu bedenken: Die Schweizer KMU, die über 99 Prozent der Unternehmen unseres Landes ausmachen, verlangen von ihren Mitarbeitenden meistens nach wie vor mehr als eine Landessprache. Erwähnenswert scheint mir auch, dass Frankreich Deutschland voraussichtlich bis zur Jahrhundertmitte demographisch überholen wird. Und so zum bevölkerungsreichsten Land auf dem Kontinent wird. Das dürfte auch kulturell und politisch nicht folgenlos bleiben.

„Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“

Sie sind wahrscheinlich schon etwas unruhig, weil Sie bisher nicht kritisiert worden sind. Ich muss Sie enttäuschen: Ich werde den Medien jetzt nicht Mainstream vorwerfen. Die Kritik am Medien-Mainstream ist ja inzwischen selber Mainstream – und aus diesem logischen Widerspruch finde ich nicht heraus.

Lassen Sie mich stattdessen sagen: Ich vertraue der Innovationskraft der Medienhäuser. Und ich bin mir sicher: Es wird immer hochwertigen Journalismus geben.

An der Nachfrage scheitert es jedenfalls nicht. Denn kaum je zuvor war eine gesamtgesellschaftliche Debatte wichtiger als heute. Und diese können nur gute Zeitungen leisten – ob online oder im Print. Denn was ist eine Zeitung? Der amerikanische Dramatiker Arthur Miller hat sie treffend so beschrieben: „Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“.

Aus aktuellem Anlass stellt sich die Frage: Ist dieses Selbstgespräch in der Romandie gefährdet? In der französisch-sprachigen Schweiz hat der Umbruch in der Zeitungslandschaft in letzter Zeit an Fahrt gewonnen.

Ich beobachte diese Situation von Nahem und kenne die Befürchtungen vieler Romands im Zusammenhang mit dieser Entwicklung. Und ich teile die weit verbreitete Ansicht, dass die französischsprachige Schweiz regionale Zeitungen braucht und unbedingt auch weiterhin überregionale Zeitungen wie Le Temps oder L’Hebdo.

Die Medien ermahnen uns Politiker ja – völlig zurecht – immer wieder, dass Macht auch Verantwortung mit sich bringt. Dasselbe gilt aber auch für die Medienbranche. Auch ihre Macht kann es nicht ohne Verantwortung geben.

Es ist deshalb wichtig, dass die Verlage – ich denke da etwa an Ringier und Tamedia -ihre Verantwortung in der Romandie auch in Zukunft wahrnehmen. Und dass die französischsprachige Schweiz also auch künftig publizistisch starke, eigenständige Zeitungen mit attraktiven Arbeitsbedingungen haben wird.

Das Gemeinwohl kann nicht auf hundert atomisierten Kanälen diskutiert werden – sondern nur in Diskussionsforen, die in die gesamte Gesellschaft ausstrahlen. Denn es reicht nicht, nur die eigenen gesellschaftlichen Kreise im Auge zu behalten. Wer es bis zur Finanz- und Schuldenkrise nicht geglaubt hat, der glaubt es seither: Eine Gesellschaft hat als Ganze Erfolg – oder sie scheitert als Ganze.

Ohne starke Medien wird uns die Entzifferung des grassierenden „Unbehagens“ nicht gelingen. Und es wird uns auch nicht gelingen, dieses Unbehagen zu entschärfen, bevor es politikmächtig wird.

Wobei sich nicht jedes Thema brachial auf Pro und Contra herunter brechen lässt.

Gerade im binären Zeitalter gilt es dem binären Code zu widerstehen. Aber wenn ich die manchmal polarisierte Debatte in den Medien kritisiere, dann meine ich natürlich auch immer uns Politiker. Denn wir sind es ja, die wir uns in diesen Debatten häufig nur allzu gerne profilieren.

Für eine Renaissance der politischen Kultur

Die gegenwärtige Unsicherheit hat auch etwas Befreiendes; man darf wieder denken. Was vom „Washington Consenus“ übrig bleibt, ist lediglich der Konsens, dass es keinen Konsens mehr gibt; dass jedes Land seinen eigenen Weg suchen muss, gemäss seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Institutionen, seinen eigenen Werten.

Die Schweiz ist innenpolitisch ein Sonderfall unter vielen.  Gerade deshalb wird auch die Einordnung der Schweizer Politik in internationale Entwicklungen interessanter. Auch diese Einordnung können nur starke Medien leisten.

Die Globalisierung stellt uns im Bezug auf unsere politische Kultur, unsere Sozialpolitik und unsere kulturelle Identität in Frage. Das heisst aber auch: Wir haben jetzt die Chance, unsere kreativen Energien zu mobilisieren. Wir müssen gute Lösungen suchen. Lösungen, die sich auf die reale Schweiz beziehen – nicht auf eine imaginäre Schweiz.

Die Schweiz ist von ihrem ganzen Staatsaufbau her völlig ungeeignet für nationalistischen Rückzug und kollektives Schmollen. Albert Einstein fühlte sich in unserem Land wohl, weil es Raum für Freiheit und Kreativität lässt, für Vielfalt und Eigensinn. Um ein bekanntes Diktum Einsteins zu paraphrasieren: Man soll es sich mit der Frage nach der nationalen Identität so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.

Das Bewusstsein für die Schweiz wächst, indem das Bewusstsein dafür wächst, wie die Schweiz funktioniert. In diesem Sinne sage ich: Es wäre gut, wenn es uns gelänge, unser Land wieder ein wenig zu verschweizern.

Die Renaissance unserer politischen Kultur würde uns auf eine Weise stärken, die nachhaltig und substanziell ist. Und es wäre eine Art Aufbruch, eine Manifestation neuen Selbstbewusstseins – nach all den Jahren, in denen sich unsere auf Kompromisse ausgerichtete politische Kultur in Richtung Zentrifugal-Demokratie bewegt hat.

Man könnte entgegnen: Aber wir sind doch ein Hort der Stabilität! Ja, das sind wir – aber nicht, weil wir ein statisches Land sind. Sondern, weil wir seit jeher ein dynamisches Land sind, das in einer dynamischen Umwelt nicht verhärtet, porös wird und schliesslich zerbricht.

Eine Schweiz, die einfach nur die Schweiz ist, ist irgendwann nicht mehr die Schweiz. Die Schweiz bleibt nur die Schweiz, wenn sie immer wieder die Schweiz wird.

Medienförderung des Bundes – auf neue Medien ausgerichtet

eidgenossenschaftDie Eidgenössische Medienkommission (EMEK) empfiehlt eine gezieltere und differenziertere Medienförderung
Bern, 05.09.2014 – Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) hat sich mit der Förderung der publizistischen Medien befasst. In einem Bericht an Bundesrat, Parlament und Öffentlichkeit hält sie die Anforderungen fest, die jede Förderungsmassnahme im Interesse der Medienfreiheit erfüllen sollte. Zum Förderkonzept gehören nach Auffassung der Expertengruppe ein sorgfältiges Respektieren der Medienfreiheit und ein Fokus auf insbesondere demokratisch relevante Medienleistungen. Den Service Public von Radio und Fernsehen wird die EMEK in einem späteren Bericht behandeln.

Die EMEK schlägt eine Abkehr von der heutigen Postgebührenverbilligung vor und stellt neue Massnahmen der Medienförderung zur Diskussion.

Die EMEK betont in ihrem Bericht die anhaltende Bedeutung und Wichtigkeit von publizistischen Medien (Massenmedien) für die Gesellschaft und die Demokratie. Bedingt durch die Digitalisierung stellt sie einen fundamentalen Wand fest. Dieser hat zu einer Finanzierungskrise insbesondere für die national und regional verbreiteten Tageszeitungen, geführt. Das Geschäftsmodell der Tageszeitungen ist dauerhaft nicht mehr tragfähig. Dies beeinflusst die journalistischen Möglichkeiten. Medienentwicklung ist zwar vorrangig Sache der Medienunternehmen. Es ist aber auch die Politik gefordert. Der Transformationsprozess sollte begleitet, technische Innovationen sollten gefördert und die journalistische Kultur erhalten und weiterentwickelt werden.

Der tiefgreifende Wandel in der Branche geht auf die Digitalisierung der Medien und auf neue und vielfältigere Gewohnheiten der Mediennutzerinnen und Mediennutzer zurück. Sicherzustellen ist ein breites, vielfältiges Informationsangebot für alle Sprach- und Kulturräume der Schweiz und für die verschiedenen politischen Ebenen. Ein gutes, breites und professionelles Angebot wird vor allem durch Agenturjournalismus erreicht. Agenturangebote können von verschiedenen Medien genutzt werden. Agenturen kommt eine infrastrukturelle Funktion zu. Mögliche Förderungsmassnahmen sind daher die finanzielle Unterstützung einer Nachrichtenagentur, ein Ausbau der Förderung der journalistischen Aus- und Weiterbildung und die Lancierung von Innovationsprojekten im Mediensektor.

Langfristig ist es aus Sicht der EMEK wünschbar, dass der Bund unternehmerische Innovationen im Medienmarkt, herausragende journalistische Projekte und die angewandte Medienforschung fördert. Weil dieser zweite Typ von Förderungsmassnahmen eine staatsferne Organisation voraussetzt, schlägt die EMEK die Gründung einer Stiftung vor. Ein Modell, dass sich in verwandten Gebieten in Form der Pro Helvetia (Kultur) und des Schweizerischen Nationalfonds (Forschung) bereits bewährt hat. Mittels dieser Stiftung können, unter massgeblicher Beteiligung der Branche, verschiedene Fördermassnahmen staatsfern umgesetzt werden.

Grundlage der EMEK-Empfehlungen ist die Einschätzung, dass sich die Medien in einer unumkehrbaren Transformation und Teil des Journalismus sich in einer Krise befinden, ausgelöst durch die technischen Veränderungen und die Infragestellung bestehender Geschäftsmodelle. Der Transformationsprozess betrifft alle Medien, also auch Radio und Fernsehen. Hinzu kommt eine weitreichende Internationalisierung im Mediensektor mit dem Eintreten neuer Konkurrenten in den Schweizer Markt. Die demokratiepolitische Bedeutung der Medienvielfalt und Medienqualität sind in der kleinräumigen und vielfältigen Schweiz besonders gross. Dieser Herausforderung wird die aktuelle Presseförderung in der Schweiz nach Auffassung der EMEK nicht gerecht.

Die EMEK beschreibt im vorgestellten Bericht die Bedeutung der publizistischen Medien als Ganzes und beurteilt die aktuelle Presseförderung. Sie wird sich ab Herbst 2014 mit dem Service Public für Radio und Fernsehen befassen.

Radio1 schluckt Radio 105

radio105Ich bin nicht sicher, ob der Titel so stimmt. 100% richtig ist er, wenn man ans Naturel von Roger Schawinsiki denkt. Nicht ganz richtig ist der Titel, wenn man überlegt, dass die ältere Generation die Bühne der Aktiven verlässt und Platz für Junge neue Ideen einräumt. Ganz falsch ist er, wenn man es numerisch betrachtet. Hier geht ganz klar das Kleine 1 zum Grossen 105. Beim Staatsradio folgte auf DRS1 DRS3 als Spartensender für ein jüngeres Publikum. Aber auch DRS3 ist älter geworden und fand in Radio Virus nochmals eine jüngere Variante. Es kann gut sein, dass durch die verstärkte Einbindung von Roger Schawinski beim SRF, er diese Ideen internalisiert hat. Die logische Folge, dass sein Radio für Erwachsene auch eine Alternatvie für jüngere Erwachsene bekommt. Die Verprechen sind jedenfalls sehr hoch. Ich bin gespannt, auf das, was sich in ein paar Jahren entwickelt hat.

Regionaljournal: Alle Ausgaben neu auf DAB+ zu empfangen

srfDie Zeiten sind vorbei, als es zu den Sendeterminen der Regionaljournale auf Radio SRF 1 für viele Hörerinnen und Hörer mit einem DAB+-Gerät hiess: «Die Regionaljournale empfangen sie nur über UKW oder über das Internet». Das digitale Netz wurde ausgebaut. Ab sofort sind sämtliche Regionaljournale über DAB+ zu empfangen.

Das neue Angebot ist aufgeteilt in drei Versorgungsgebiete. Im Gebiet Nordschweiz konnte man die Regionaljournale Zürich Schaffhausen, Aargau Solothurn und Ostschweiz bereits seit einem Jahr über DAB+ empfangen. Das Gebiet wurde nun in Richtung Zentralschweiz und Basel erweitert, und es kommen noch die beiden entsprechenden Regionaljournale Basel Baselland und Zentralschweiz dazu.

Gar neue Verbreitungsgebiete wurden im Gebiet Bern Freiburg und im Gebiet Ostschweiz geschaffen. Neben den entsprechenden Regionaljournalen aus diesen Gebieten, ist im Raum Bern Freiburg auch das «Regionaljournal Aargau Solothurn« zu hören, so dass die Nahtstelle zum Gebiet Nordschweiz/Zentralschweiz abgedeckt wird. Das «Regionaljournal Ostschweiz» wird zudem weiterhin auch im Versorgungsgebiet Nordschweiz/Zentralschweiz verbreitet und ist so auch im Linthgebiet und im Glarnerland zu empfangen.

Um genau zu erfahren, welches «Regionaljournal» nun wo über DAB+ zu empfangen ist, gibt man am besten auf der Website www.digitalradio.ch oder www.broadcast.ch seine Postleitzahl/Gemeinde ein. Auf der eingeblendeten Liste der empfangbaren Radioprogramme sieht der Besucher oder die Besucherin, ob er sein «Regionaljournal» am Wohnort empfangen kann. Bei der Wahl des Programms von Radio SRF 1 wählt das DAB+ Gerät automatisch das entsprechende «Regionaljournal».

 

Medien in Sotschi mit Grossaufgebot

sochiDie Regierungen halten sich zurück mit der Entsendung von Präsidenten, Ministern und weiterer Prominenz in Folge der Menschenrechtssituation in Russland. Sie wollen damit ihren Missmut und ihre Ablehnung gengenüber der Umsetzung der Menschenrechte in Russland zum Ausdruck bringen. Von Boykott spricht niemand direkt, aber es geht in diese Richtung.

Ganz anderes sieht es aus bei den Medien. Das Schweizer Fernsehen ist mit 340 Personen vor Ort. Das ist eine rekordverdächtig hohe Zahl. Argumentiert wird damit, dass die Produktion des Filmmaterials der alpinen Rennen für Olympia aufwändig ist und dass in allen vier Landessprachen gesendet werden muss. Es stellt sich die Frage, welche politischen Signale mit einer solchen Präsenz ausgestrahlt werden. Hoffen wir zumindest auf eine kritische Berichterstattung.

Auch AFP setzt einen Akzent auf den olympischen Winterspielen. 90 Sonderberichterstatter aus 17 Ländern, mit der AFP Tochtergesellschaft in Deutschland Sport-Informations-Dienst, berichten vor Ort über die 22. Olympischen Winterspiele. Mit Unterstützung der AFP-Büros weltweit liefern sie Berichte und Analysen über das aktuelle Sportgeschehen sowie ergänzende Informationen zu den Wettbewerben, gestützt auf eine Reihe „maßgeschneiderter“ Produkte, die für alle Informationsträger geeignet sind und die klassischen Produkte der Agentur perfekt ergänzen.

Sotchi live, Multimedia-Informationen in Wort und Bild über alle Aspekte der Winterspiele mit vier Schwerpunktthemen: „Auf der Piste“, „Am Rand der Piste“, „Zitate des Tages“ und „Höhepunkte des Tages“. Sämtliche Ergebnisse, Terminpläne, Medaillenspiegel, Rekorde usw. sind in Echtzeit über eine HTML-App abrufbar, die für alle Geräte geeignet ist.

15 Videothemen werden täglich auf Französisch, Englisch und Deutsch aufbereitet: Sportlerreaktionen, Folgen der Spiele für Wirtschaft und Tourismus in Russland, Sicherheit… Ein Dossier mit 30 Videothemen, bestehend aus Eckthemen und Bildbanken zur Veranschaulichung, wurde den Fernsehanstalten im Vorfeld der Veranstaltung zur Verfügung gestellt, um ihre Berichterstattung während der Dauer dieser Olympischen Spiele zu unterstützen.

Die Fotografen der Agentur übertragen praktisch in Echtzeit über 2.000 Fotos pro Tag. Slideshows fassen die schönsten Bilder und Höhepunkte aus den Wettbewerben zusammen.

Medaillenspiegel, technische Erläuterungen zu den Wettkämpfen und eine Beschreibung der Austragungsorte werden in Computergrafiken dargestellt. Einen besonderen Schwerpunkt bilden 15 Screencasts, die die 15 Wettkampfdisziplinen didaktisch vorstellen, sowie ein allgemeinerer Screencast, der die Gesamtveranstaltung zusammengefasst.