Medienförderung, ob direkt oder indirekt, verletzt die Unabhängigkeit der Medien
und untergräbt deren Glaubwürdigkeit

Die Augenwischerei der subventionierten Verleger

Die Debatte über das Mediensubventionsgesetz, über das am 13. Februar an der Urne entschieden wird, nimmt Fahrt auf. Bei einem Ja würden vor allem den vier grossen Medienkonzernen jährlich 178 Mio. Franken in die bereits vollen Taschen fliessen. Ein Teil davon direkt, ein Teil indirekt. Während die staatliche Einflussnahme bei direkten Subventionen unbestritten ist, versuchen die Verleger, die indirekten Subventionen als medien- und staatspolitisch unbedenklich darzustellen. Marc Walder, CEO von Ringier fragt scheinheilig: «Von wem sollen die Medien konkret abhängig werden?». Nachfolgend die Antwort dazu.

von a. Nationalrat Peter Weigelt, St.Gallen*

Zuerst gilt es dazulegen, was direkte und indirekte Medienförderung ist. Bei der indirekten Förderung bezahlt der Bund einen Teil der Posttaxen für die Zeitungszustellung, schickt das Geld also an die Post. Bei der direkten Medienförderung dagegen werden die Millionen direkt an die Verleger überwiesen.
Damit sind wir beim Sprichwort: «Wer zahlt, befiehlt.» Eine Redewendung, die wohl von nie-mandem in Abrede gestellt wird, da wir alle diese Realität schon erlebt haben. Dass die Verle-ger nun versuchen, dem Stimmvolk weiszumachen, dass dieses Sprichwort für sie nicht gilt, ist wohl der verzweifelte Ausdruck fehlender Argumente für den geplanten Raubzug auf die Staatskasse.

Eine Hand wäscht die andere
Mit einem Beispiel aus dem Alltag wird klar, was «Wer zahlt, befiehlt» mit Bezug auf die Medi-enförderung bedeutet. Nehmen wir einen Mieter, der sich in seiner Wohnung wohl fühlt, aber mit dem Mietzins kaum zurechtkommt. Wenn der Vermieter ihm nun jeden Monat diskret 200 Franken in die Jackentasche steckt, dann wird sich der Mieter mit Bestimmtheit sehr genau an die Hausordnung halten. Denn auch wenn mit dem Zustupf des Vermieters keine Bedin-gungen verbunden sind, man will es sich mit seinem Gönner ja nicht verscherzen. So wäscht die eine Hand die andere, der Mieter hat seine Wohnung auf sicher und der Vermieter einen pflegeleichten, willfährigen Mieter.
Genauso ist es bei der indirekten Medienförderung. Mit den Millionen aus der Staatskasse sind wohl keine direkten Auflagen verbunden, aber man wird in den Verlagen alles tun, um dem Geldgeber zu gefallen. Erst recht, wenn der Zustupf vorerst auf sieben Jahre be-schränkt ist und man natürlich auch nach den sieben Jahren weiter von den Millionensubven-tionen profitieren will.

Verleger stellen direkte Medienförderung an den Pranger
Mit der Argumentation der Verleger, die indirekte Medienförderung sei unproblematisch, dekla-rieren sie gleichzeitig die direkte Medienförderung als staats- und medienpolitisch problema-tisch. Etwas, was allen Bundesrätinnen und Parlamentariern bewusst ist, die Wettbewerbs-kommission klar festgehalten hat und bereits zum Absturz des von Bunderätin Leuthard ge-planten Gesetzes über die Förderung elektronischer Medien geführt hat. Zu diesem Fiasko Leuthards 2018 schrieb «Année Politique Suisse» in einem Rückblick: «Besonders häufig kritisiert wurde der Geltungsbereich des Gesetzes, der neu auch den Onlinebereich umfas-sen soll, obwohl nicht klar sei, ob dies gemäss Verfassung zulässig sei.»
Nehmen wir nochmals das Beispiel des Mieters und Vermieters. Wenn der Vermieter immer am Monatsende an die Tür klopft und die 200 Franken verbunden mit einem konkreten «Wunsch» übergibt, dann wird der Mieter auch diesen erfüllen, da er ja auch im nächsten Mo-nat auf die Unterstützung angewiesen ist. Dass eine solche «Medienförderung» in einem de-mokratischen Staat keinen Platz hat, ist klar. Und selbst wenn man den Verlegern bei den indirekten Subventionen noch auf den Leim geht, die direkte Medienförderung bleibt verfas-sungsrechtlich wie demokratiepolitisch inakzeptabel.

Aus Gier eigene Glaubwürdigkeit verkaufen
Wer, wenn nicht die Verleger, sollten wissen, dass Glaubwürdigkeit der wichtigste Wert eines Mediums ist. Bei all den rechtlichen Argumenten rund um die direkte und indirekte Medienför-derung ist unbestritten, dass staatliche Förderung der Glaubwürdigkeit der betroffenen Medi-en schadet. Denn selbst wenn diese Gelder eine Verlagsleitung oder deren Redaktion – was unwahrscheinlich ist – nicht beeinflussen würden, nach aussen bleibt ein schaler Nachge-schmack. Und dieser wiederum ritzt die Glaubwürdigkeit. Erst recht, wenn die Verlage Re-kordergebnisse ausweisen, gleichzeitig aber Redaktionen zusammenstreichen, Mitarbeiten-den Abgeltungen streichen und das mediale Angebot laufend weiter ausdünnen.
Doch auch hier hat Augenwischerei keine Chance, denn die Leserinnen und Leser erfahren tagtäglich, wie die Angebote der grossen Medienkonzerne uniformer werden, während sich junge und innovative Medienprojekte profilieren. Dass gerade diese neuen, meist kostenlosen Angebote von den Subventionen ausgeschlossen werden sollen, zeigt, wessen Geistes Kind das «Massnahmenpaket zugunsten der (grossen) Medien» ist.

Ein Gedanke zu „Medienförderung, ob direkt oder indirekt, verletzt die Unabhängigkeit der Medien
und untergräbt deren Glaubwürdigkeit“

  1. Was wäre der Westen ohne die freie Meinungsäusserung – und auch die Kritikfähigkeit von Politikern und bekannten Persönlichkeiten. Kritik kann als Feedback viel Positives bewirken und ist für die freie Meinungsbildung unbedingt notwendig.
    Die demokratischen Rechte und Freiheiten dürfen nicht geopfert werden. Eine Regierung muss regieren – das Marketing gehört jedoch nicht zum Regierungsgeschäft – oder doch? Ich denke an die vielen teuren Wahlveranstaltungen wie z.B. in den USA. Von den Ländern mit Medienzensur wollen wir ja gar nicht reden. Es ist Tatsache, dass viele Zeitungen kaum mehr überleben können, weil die Werbeeinnahmen aufgrund der Digitalisierung und dem Rückgang an Abos eingebrochen sind. Die Frage ist nur, wer sonst als der Staat soll für eine Förderung der Medien verfügen? Wollen wir diese Aufgabe gut marktwirtschaftlich an die lautesten und reichsten Anbieter delegieren? Geschickt tarnen sich die Gegner des Mediengesetzes als Freunde des armen Mannes, indem sie behaupten, dass damit bereits reiche Medienhäuser mit 178 Millionen subventioniert würden . Wenn man aber genauer hinschaut, ist es eben genau anders. Die Medienvielfalt soll erhöht und die Zentralisierung der Medien gestoppt werden. Es sind 151 Millionen vorgesehen und diese sollen genau die kleinen Medien und Radios stärken.
    Als Leser leiden wir heute schon unter dem Einheitsbrei und der Selektion durch die grossen Medienhäuser. Ein Journalist und Redaktor darf nicht immer sagen, was er denkt, sondern, was das Medienhaus in Auftrag gegeben hat. Es wird über die Qualität der Medien gestritten – zu Recht! Da wären einfache Bürger oft froh, wenn es Massstäbe gäbe, an denen ehrlicher und ausgewogener Journalismus gemessen werden könnte. Leider ist das nicht so einfach. Darum gibt es den Ehrenkodex und die Verpflichtung, Meinungen auch so zu bezeichnen. Die echten goldenen Fesseln warten im freien Markt, weil der das Sagen hat, der zahlen kann und dort keine demokratischen Regeln herrschen.
    Die USA sind ein Beispiel dafür. Wenn das staatliche Sozialsystem nur schwach ausgebaut ist, sind arme und kranke Menschen auf die finanzielle und fürsorgerische Unterstützung von Kirchen, Freikirchen und privaten Gönnern etc. angewiesen. Diese wiederum machen ihre Zuwendungen von Gefälligkeiten abhängig – nur eine kleine Wählerstimme oder Spende als kleiner Dank!
    Nun hat sich der Journalismus in den letzten 20-30 Jahren massiv verändert. Jeder kennt auch in Tageszeitungen die reisserischen Titel wie z.B. «wie lange hält Biden durch?» «kommt es zum staatlichem Impfobligatorium?» Werden die Zweifel in vielen Medien wiederholt gestreut, fragt sich auch der nüchternste Mensch, ob da nicht was dran ist. Egal, wie sehr die Zweifel erfunden sind, sie werden geglaubt. In der Publizistikausbildung wird gelehrt, wie die Likes und Auflagezahlen erhöht werden: Mit viel Emotionalität – «Sex sells» und natürlich alles, was Emotionen auslöst. Das sind bekanntlich «Kriminalität, Tod, Stars, Kinder, Massen und viel Geld, Angst um Arbeitsplätze etc.» und natürlich muss das immer mit einer persönlichen Story verbunden werden, die anhand des Einzelschicksals zeigt, wie schlimm die Zustände sind – und oft etwas drastischer als erforderlich, damit der Artikel auch Aufmerksamkeit erhält. Die heutigen Medien müssen die Emotionen ansprechen können – je krasser, desto öfter werden sie angeklickt. Sachliche Berichterstattung wird kaum mehr gelesen – sondern bebildert und verfilmt – denn Lesen allein ist zu anstrengend. Der Journalismus spielt immer mehr auf der Gefühlsklaviatur und kann es sich kaum mehr leisten, sachlich, nüchtern und objektiv zu informieren. Die Menschen sind süchtig nach emotionaler Rhetorik – und mir graut davor, wieviel sie dafür zu opfern bereit sind. Das war doch schon mal so, dass ein guter Rhetoriker die Medien für seinen damals noch demokratisch gestützten Aufstieg nutzte. Er liess das UKW-Netz ausbauen und erschwingbare Radiogeräte herstellen. Die Massen lassen sich eben lenken – die Psychologieforschung weiss das – es muss nur jemand mit genug Emotionalität und Ausdauer ein paar Leute mitreissen. Menschen richten sich instinktiv am Verhalten des Umfelds aus – egal, wohin es geht. Genau diese Beeinflussung wird z.B. von Impfgegnern den Regierungen vorgeworfen – sie würden Massen bewusst manipulieren. Schon im Vorfeld kontern sie allfällige Vorwürfe, indem sie die Manipulation den Regierungen vorwerfen. Das Chaos der Desinformation ist angerichtet.
    Die Vergangenheit wiederholt sich – dank Radio konnten Hitlers feurigen Reden bis in jede Stube dringen. Das war Emotionalität pur und begeisterte die Menschen. Heute kaufen machthungrige Menschen Medienhäuser und Wählerstimmen wie Waren im Gestell. Natürlich haben die Menschen genau davor auch heute noch Angst. Sie wollen freie Medien – aber mit genau den falschen Mitteln. Medien, die von reichen Mäzenen abhängen, sind nicht frei. Hingegen können wir dem Staat trauen, weil wir selbst Teile davon sind und Einfluss darauf haben, wer regiert. Die Medienfreiheit wird also viel stärker gewährleistet, wenn ein Staat über eine Presseförderung verfügt und diese nach demokratischen Regeln organisiert. Ohne Staat geben Konsumenten jede Kontrollmöglichkeit der Medien aus der Hand. Nur der Staat kann Transparenz verlangen – ich als einfacher Bürger kann nur selbst recherchieren, insoweit ich bereit bin, mich an vielen Zeitungen und Portalen auch finanziell zu beteiligen und sehr viel Zeit für Recherchen aufzuwenden. Genau dies sollte mir ja eine gute Zeitung abnehmen.
    Schade nur, dass sogar eine Vertreterin der Ethikkommission Marc Walder verurteilt, weil er Medienberichten zufolge einen regierungsnahen Kurs angestrebt hat. Was dabei aufstösst ist, dass «regierungstreu» mittlerweile ein ethisches Vergehen ist. Ein Verlag darf eben von einem Angestellten erwarten, dass er «verlagstreu» arbeitet. Wo kann eine Regierung ihre Themen korrekt vermitteln? Und was ist «regierungstreu» eigentlich? Die Bundesregierung ringt um gangbare Lösungen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven. Das können doch Medien gar nicht leisten, was Regierungen bewältigen. Und für schwächere Menschen muss es eine Orientierung geben, wem sie trauen können.
    Politiker und Reiche, die Macht und Einfluss wollen, wissen genau, was sie mit Hilfe der Medien erreichen können. Die einen nutzen sie für Fake-News, die andern lassen gar nichts mehr gelten, was nicht den eigenen Stallgeruch an sich hat und beide sind nicht weit voneinander entfernt. Geld und Politik vermischen sich schon lange auf eine ungute Art. Und nun sind es die grossen Medienhäuser der Schweiz, die gegen das neue Mediengesetz Stimmung machen. Sie reden von der Medienfreiheit und stellen den Staat als Unterdrücker dar – nur, damit sie selbst die Menschen besser ausbeuten können und noch reicher werden.
    Dieses Verdrehen von Perspektiven hat System. Weltweit lässt es sich verfolgen – besonders zu Pandemiezeiten. Ganz unethisch ist dabei die mangelnde Rücksicht auf schwächere Menschen in unserer Gesellschaft. Ich denke an alle, die intellektuell oder emotionell nicht fit genug sind, um ein eigenständiges Recherchieren und Denken dagegen zu halten oder auch nur mit dem Lesen von Artikeln mithalten können. Sie sind der aggressiven Rhetorik und den Bildern in den Medien schutzlos ausgeliefert.
    Jugendliche holen sich ihre Informationen zerstückelt in sozialen Medien und finden dort keine klare Trennung mehr von Werbung und Fakten. Ich denke auch an psychisch angeschlagene und alte Menschen, denen die Kraft und Energie fehlt, um sich gegen aggressive Werbung zu schützen. Zudem lösen starke emotionale Bilder Angst und Verwirrung aus. Und das ist vermutlich auch die Absicht hinter all den Fake-News der Pandemiezeit. Sie verkaufen sich, und sie fördern die Abkehr von Staat und Kontrolle. Gewiss haben die ersten Pandemiebilder zu grosser Angst geführt – und damit den Boden geebnet für eine neue Angst, die Angst vor den Regierungen, obwohl die Medien die Angst geschürt haben. Vorbilder dürfen sich niemals dafür verwenden lassen, diese Angst zu nähren.
    Eine Demokratie lebt vom Dialog und Respekt und vor allem auch vom ganzheitlichen Denken – der Sicht aus möglichst allen Perspektiven, auch derer, die die Energie nicht haben, sich politisch einzubringen. Sie haben das Recht, geschützt zu werden.
    16.1.2022 Lisa Bachofen, dipl. Journalistin SAL

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