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Service public im Medienbereich an die Digitalisierung anpassen

eidgenossenschaftBern, 17.06.2016 – Die Schweiz ist auch im Zeitalter des Internet und der Digitalisierung auf einen unabhängigen und umfassenden Service public im Medienbereich angewiesen. Um diesem Anspruch weiterhin gerecht zu werden, sollen die Rahmenbedingungen für die konzessionierten Radio- und Fernsehveranstalter auf nationaler und regionaler Ebene angepasst werden. Der Bundesrat kommt in seinem heute publizierten Bericht zum Schluss, dass sich für unsere von sprachlicher und kultureller Verschiedenartigkeit geprägte direkte Demokratie das bestehende Modell mit der SRG als grosser, in allen Sprachregionen verankerter Anbieterin bewährt hat und dieses den Service public in hoher Qualität gewährleistet. Das Modell eignet sich auch für die Zukunft am besten. Die Anforderungen an die SRG sollen – bei gleichem Budget – jedoch geschärft werden. Sie muss auch die Jungen, welche sich dem Internet zuwenden, besser erreichen.

Mit dem Postulat 14.3298 hat die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates den Bundesrat beauftragt, die Service-public-Leistungen der SRG unter Berücksichtigung der privaten Rundfunkanbieter zu überprüfen und darzustellen. Der Bericht zeichnet das Bild einer Medienlandschaft, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Die Digitalisierung hat die Mediennutzungsgewohnheiten verändert und die Medienangebote haben sich vervielfacht. Vor allem die junge Generation wendet sich zunehmend von den klassischen Medien ab. Junge Leute nutzen demnach die Service-public-Programme in deutlich geringerem Ausmass als ältere Menschen. Beispielsweise erreicht Fernsehen SRF nur zwei von zehn Menschen unter 24 Jahren, aber sieben von zehn in der Generation 60+.

Gebührenfinanzierter Service public weiterhin unerlässlich

Nebst den konzessionierten Service-public-Veranstaltern gibt es heute aufgrund der vereinfachten Verbreitungsmöglichkeiten eine Vielzahl an Radio- und Fernsehangeboten. Sie müssen keinen Leistungsauftrag erfüllen und erhalten keine Gebührengelder. Deren kommerzielle Programme sind in der Regel auf Unterhaltung ausgerichtet. Aus dem Werbemarkt lassen sich hingegen ressourcenintensive Angebote aus den Bereichen Information, Kultur oder Bildung ohne Gebührenunterstützung nicht finanzieren.

Aus staatspolitischen Gründen und in Erfüllung des Verfassungsauftrags ist es für den Bundesrat unerlässlich, dass die Schweiz auch in Zukunft über einen mit einem solidarischen Gebührensystem finanzierten unabhängigen und umfassenden Service public verfügt. Unser föderalistisches, mehrsprachiges Land braucht eine alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigende audiovisuelle Landschaft. Diese ist ein wesentlicher Faktor für die Integration aller gesellschaftlichen Gruppierungen (Sprachgemeinschaften, Menschen mit Sinnesbehinderungen, die verschiedenen Generationen, Personen mit Migrationshintergrund) und für das Funktionieren der direkten Demokratie. Gerade im Zeitalter des Internet mit seinem globalen, nahezu unüberschaubaren Angebot bilden qualitativ hochwertige Informations-, Kultur-, Bildungs- und Unterhaltungsangebote des nationalen Service public eine wichtige Orientierungshilfe für die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz. Deshalb braucht es attraktive Inhalte, die ausländische Programme konkurrenzieren können.

Anpassung der Konzessionen

Der Bundesrat ist überzeugt, dass sich ein solcher unabhängiger und umfassender Service public praktisch nur mit einer grossen, in allen Sprachregionen verankerten Anbieterin sowie mit privaten Veranstaltern in den Regionen gewährleisten lässt. Das bestehende Modell hat sich bewährt und erfüllt die Anforderungen; es muss aber an die digitalen Verhältnisse angepasst werden.

Die Neukonzessionierungen im Jahr 2019 bieten die Gelegenheit, konkrete Anpassungen vorzunehmen. Bei den gebührenfinanzierten Lokalradios und Regionalfernsehen sind präzisere Vorgaben zu verankern, um regionale Informationsleistungen einzufordern. Von der SRG erwartet der Bundesrat, dass sich ihre Programme und Online-Angebote in Zukunft noch deutlicher als bisher von kommerziellen Inhalten unterscheiden. In der Konzession der SRG sollen der breite Umfang und das hohe Niveau bei der Information weiterhin den zentralen Pfeiler bilden. Bei der Unterhaltung sind Vorgaben anzustreben, welche die publizistische Leitbildfunktion der SRG sowie die Unterscheidbarkeit des Service public gegenüber rein kommerziellen Sendern sicherstellen. Ferner sollen die Anforderungen an die Integrationsleistungen der SRG erhöht werden. Sie soll mit ihren Angeboten da präsent sein, wo das Publikum – gerade auch das junge – ist.

Beibehaltung des bisherigen Finanzierungsumfangs

Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass die heute der SRG zufliessenden Mittel ausreichen, um den Service public sicherzustellen. Sollte der Ertrag aus den Empfangsgebühren aufgrund des Bevölkerungswachstums weiter zunehmen, wird er eine Senkung der Gebührenhöhe für die Haushalte prüfen. Um die neuen Vorgaben zu erfüllen, ist die SRG gefordert, bei Produktion und Verbreitung auf Wesentliches zu fokussieren und ihre Mittel noch effizienter einzusetzen.

Rücksichtnahme auf die privaten Medien

Damit die Schweizer Medien weiterhin im Wettbewerb bestehen können, unterstützt der Bundesrat Kooperationen zwischen der SRG und privaten Medien wie auch zwischen den konzessionierten Regionalfernsehveranstaltern. Die aktuellen Werbeeinschränkungen, auch jene im Online-Bereich, sollen vorderhand bestehen bleiben. Damit wird ein gewisser wirtschaftlicher Ausgleich gegenüber den privaten Medien geschaffen.

Legitimation stärken

Der Bundesrat erwartet, dass sich der Service public als Dienst an der Gesellschaft in Zukunft besser legitimiert und seinen Mehrwert für die Gesellschaft deutlicher aufzeigt. In diesem Sinne ist ein verstärkter Dialog mit der Öffentlichkeit und der Politik unabdingbar.

Mittelfristig konvergentes Gesetz

Mittelfristig möchte der Bundesrat angesichts der Digitalisierung und der veränderten Mediennutzung das heutige Radio- und Fernsehgesetz zu einem Gesetz über elektronische Medien weiterentwickeln. Denn ein Gesetz, das nur Radio und Fernsehen umfasst, ist nicht mehr zeitgemäss.

Europäische Medienregulierer feiern Jubiläum in Bern

eidgenossenschaftBern, 12.05.2015 – Die EPRA, die europäische Organisation der Medienregulierungsbehörden, wird 20 Jahre alt. Sie feiert diesen Geburtstag an ihrer ordentlichen Konferenz, die vom 13. bis 15. Mai 2015 in Bern stattfindet. In der EPRA sind 46 Länder vertreten.

Die rund 150 Delegierten der European Platform of Regulatory Authorities (EPRA), die die Medienregulierungsbehörden im audiovisuellen Bereich zusammenfasst, treffen sich vom 13. bis 15. Mai 2015 unter dem Vorsitz von Helena Mandić (Bosnien-Herzegowina) zur Beratung aktueller Fragen in Bern. Dabei feiern sie auch das 20jährige Bestehen der EPRA. Zu den Delegierten spricht am Vorabend Nationalratspräsident Stéphane Rossini.

Die EPRA widmet sich dem Informationsaustausch und der Koordination von Fragen, die sich in allen Ländern stellen, wie der Sicherung des Service public in der digitalen Welt, dem Jugendschutz, der audiovisuellen Werbung, der Medienvielfalt, den Regeln bei der Wahlberichterstattung. Sie trifft sich zweimal jährlich zu einer Konferenz. Ihre Zentrale befindet sich in Strassburg. Ihr gehören Regulierungsbehörden aus 46 Ländern an, darunter beispielsweise auch die der Ukraine und Aserbeidschans, Israels und der Türkei.

Deutschland ist mit der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) vertreten, Frankreich mit dem Conseil Supérieur de l’Audiovisuel (CSA), Italien mit der Autorità per le garanzie nelle comunicazioni (AGCOM), Österreich mit der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria). Die Schweiz stellt zwei Mitglieder: Einerseits das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), anderseits die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI).

Bundesrat zeigt Fördermöglichkeiten für die Medien auf

eidgenossenschaftBern, 05.12.2014 – Der Strukturwandel in der Medienbranche setzt sich fort, die Medienkonzentration nimmt weiter zu und Werbegelder fliessen vermehrt in den Online-Bereich. Zu diesen Schlüssen gelangt der Bundesrat in einem Bericht, der in Erfüllung einer Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats erstellt worden ist. Der Bericht zeigt auch auf, wie die Medienbranche kurzfristig unterstützt werden könnte. Er ist gegenüber der schnellen Einführung neuer Fördermassnahmen jedoch zurückhaltend.

In seinem Bericht „Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien“ präsentiert der Bundesrat eine Gesamtschau der schweizerischen Medienlandschaft und zeigt Förderansätze für die Medien auf. Er kommt zum Schluss, dass die Medienkonzentration zunimmt und die Umverteilung von Werbegeldern in die Online-Medien den traditionellen Abonnements- und Kaufzeitungen weiter zusetzt. Dabei geraten insbesondere kleinere Lokal- und Regionalzeitungen unter stärkeren Druck, als dies vor wenigen Jahren noch der Fall war. Die grossen Verlage sind dank ihrer diversifizierten Portfolios besser in der Lage, mit solchen strukturellen Umbrüchen umzugehen. Lokale und regionale Online-Angebote haben jedoch Mühe, sich im Medienmarkt zu etablieren. Der Bericht erfüllt die Motion „Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien“, die von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) am 19. Januar 2012 eingereicht wurde.

Eigenverantwortung der Medienbranche

Die Umwälzungen in der Medienbranche werfen die Frage nach neuen Fördermodellen auf. Es gilt aber, die voreilige Einführung weitgehend ungeprüfter Förderansätze zu verhindern. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Medienbranche den Strukturwandel weitgehend selbst bewältigen kann. Für den Fall, dass das Parlament eine unterstützende Begleitung des Strukturwandels als sinnvoll erachtet, zeigt er in seinem Bericht kurzfristig realisierbare, aber auch längerfristige Handlungsoptionen auf.

Kurzfristig realisierbare Fördermöglichkeiten

In einer ersten Phase sind schnell wirkende Massnahmen möglich, die ohne langwierige Gesetzesanpassungen umgesetzt werden können. Hier sieht der Bundesrat die Möglichkeit, die Mehrwertsteuersätze für Print- und Onlineprodukte anzugleichen oder das Engagement in der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden zu verstärken. Weiter besteht die Möglichkeit, den Basisdienst der Schweizerischen Depeschenagentur sda in französischer und italienischer Sprache mit einem jährlichen Beitrag zu unterstützen.

Bis Alternativen vorhanden sind, ist die Beibehaltung der indirekten Presseförderung über die Zustellermässigung für Zeitungen und Zeitschriften angezeigt, um den Druck auf die gedruckte Presse nicht zu verstärken. Zudem können die Angebote der Kommission für Technologie und Innovation vermehrt genutzt werden.

Mittel- bis langfristige Perspektiven

Mittel- und langfristig erachtet es der Bundesrat als sinnvoll, die Debatte über die Definition des Service public im Medienbereich zu führen. Diese wurde durch zwei parlamentarische Vorstösse angeregt. Anschliessend kann – unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen – geprüft werden, ob neben den etablierten, bereits heute geförderten Radio- und Fernsehangeboten auch die Unterstützung von Online-Medien Sinn macht. Ein Bericht des Bundesrats zum Service public im Medienbereich soll 2016 vorliegen.

Vorbehalt zur Verteilung von Fördergeldern durch eine Stiftung

Die Befunde und Vorschläge des Bundesrates decken sich zu grossen Teilen mit denjenigen der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), welche am 5. September 2014 publiziert wurden. Vorbehalte hat der Bundesrat gegenüber der von der EMEK vorgeschlagenen staatsfernen, unabhängigen Stiftung zur Verteilung von Fördergeldern. Abgesehen davon, dass für eine solche Stiftung die Verfassungsgrundlage fehlt, wirft die Idee auch inhaltliche und organisatorische Fragen auf.