Schlagwort-Archive: Sachgerechtigkeitsgebot

Unzulässige Wahlbeeinflussung durch den „Kassensturz“

logo_suisseBern, 20.06.2016 – Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI hat eine Beschwerde gegen den Beitrag der Sendung „Kassensturz“ von Fernsehen SRF zur Konsumentenfreundlichkeit der Parteien gutgeheissen. Die im Vorfeld von Wahlen geltenden erhöhten Sorgfaltspflichten wurden nicht eingehalten. Fünf andere Beschwerden hat die UBI an den öffentlichen Beratungen vom letzten Freitag abgewiesen.

Am 15. September 2015 strahlte Fernsehen SRF im Konsumentenmagazin „Kassensturz“ den Beitrag „Parteien im Konsumenten-Check: Diese fallen durch“ aus, welcher im Rahmen eines Tests zur Konsumentenfreundlichkeit der Parteien Bezug auf die bevorstehenden eidgenössischen Wahlen vom 18. Oktober 2015 nahm. Wahlrelevante Sendungen müssen fair, ausgewogen und unparteiisch sein, um die Chancengleichheit der kandidierenden Parteien und Gruppierungen zu gewährleisten. Diese aus dem rundfunkrechtlichen Vielfaltsgebot abgeleiteten Anforderungen erfüllte der Beitrag nicht. Er fokussierte in einseitig negativer Weise auf die SVP, die als „konsumentenfeindlichste Partei“ bezeichnet wurde. Die Kommentare der Redaktion kamen einer negativen Wahlempfehlung gegenüber der SVP gleich. Der Beitrag beeinflusste die Meinungsbildung der Wahlberechtigten in unzulässiger Weise. Die UBI hiess aus diesen Gründen die dagegen erhobene Beschwerde der SVP-Nationalräte Rickli und Rutz mit 7 zu 2 Stimmen gut.

Die Berichterstattung des „Regionaljournals Bern“ von Radio SRF zu den Ständeratswahlen im Kanton Bern bildete Gegenstand einer weiteren Beschwerde. Gerügt wurde die Benachteiligung der Kandidaten der nicht etablierten Parteien. Da letztere sich aber ebenfalls in einer Sendung vorstellen konnten und die unterschiedliche Behandlung der kandidierenden Personen auf sachlichen Kriterien beruhte, erachtete die UBI die Berichterstattung insgesamt als programmrechtskonform. Kontrovers diskutierte sie über die ausgestrahlte Podiumsdiskussion mit den sieben Kandidaten der etablierten Parteien, weil in der Anmoderation nicht darauf hingewiesen wurde, dass zusätzlich noch vier andere Kandidaten zur Wahl standen. Da der Moderator dies nach dem Zwischenruf eines dieser von der Podiumsdiskussion ausgeschlossenen Kandidaten der nicht etablierten Parteien jedoch richtigstellte, wies die UBI mit 6 zu 3 Stimmen auch die Beschwerde gegen diese einzelne Sendung ab.

Eine Beschwerde aus Kreisen der Redaktionsleitung vom „Infosperber“ richtete sich gegen das Konzept und mehrere Ausstrahlungen der Sendung „SRF Börse“. Es ist allerdings der UBI verwehrt, das Konzept einer Sendung infrage zuzustellen, welches Teil der Programmautonomie der Rundfunkveranstalter bildet. Im Rahmen ihrer programmrechtlichen Beurteilung kam die UBI im Übrigen zum Schluss, dass Fernsehen SRF in der relevanten Zeit nicht in einseitig positiver oder beschönigender Weise über das Börsengeschehen berichtet hat. Da die explizit beanstandeten Beiträge überdies das Sachgerechtigkeitsgebot respektierten, wies die UBI die Beschwerde ab.

Ein Beitrag der Informationssendung „Il Quotidiano“ von Fernsehen RSI vom 27. April 2015 über die „Krise der Tessiner SP“ beinhaltete zwar eine irreführende Grafik. Dieser Mangel verunmöglichte aber die freie Meinungsbildung des Publikums zum behandelten Thema nicht. Die UBI wies diese Beschwerde deshalb wie diejenigen gegen die Sendungen „Glanz & Gloria“ von Fernsehen SRF und „Persönlich“ von Radio SRF ab. Ein kurzer, offensichtlich nicht ernsthaft gemeinter Beitrag im People-Magazin „Glanz & Gloria“ vom 11. Dezember 2015 war nicht geeignet, die Meinungsbildung des Publikums zur „No-Billag“-Initiative zu beeinträchtigen. Auch abfällige Bemerkungen von Marco Rima gegen Christoph Mörgeli und dessen Ansichten zur Geschichte der schweizerischen Neutralität in der Sendung „Persönlich“ vom 27. Dezember 2015 verletzten das Sachgerechtigkeitsgebot nicht. Sie waren ohne weiteres als persönliche Meinungsäusserungen des Komikers und Schauspielers erkennbar.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes, die von Vincent Augustin präsidiert wird. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Entscheide der UBI können nach Eröffnung der schriftlichen Begründung innert 30 Tage beim Bundesgericht angefochten werden.

UBI Mehr Beschwerden als im Vorjahr

logo_suisseBern, 22.03.2016 – 26 neue Beschwerden sind bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) im vergangenen Jahr eingegangen. Im Rahmen der im gleichen Zeitraum erledigten 23 Verfahren hiess die UBI drei Beschwerden gut.

Nach Kenntnisnahme durch den Bundesrat veröffentlicht die UBI ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2015. 26 neue Beschwerden gegen Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Veranstalter sind eingegangen, sechs mehr als im Vorjahr. Die der UBI vorgelagerten Ombudsstellen erhielten im gleichen Zeitraum insgesamt 237 Beanstandungen. 11 Prozent dieser Fälle mündeten damit in ein Beschwerdeverfahren vor der UBI. Die Ombudsstellen, welche zwischen Publikum und Veranstaltern zu vermitteln haben, nehmen eine wichtige Rolle in der Aufsicht über Radio- und Fernsehprogramme ein.

Die 26 neu eingegangenen Beschwerden richteten sich mit einer Ausnahme – Radio Top – gegen Sendungen aus Programmen der SRG. Gegenstand von Beschwerden bildeten im Einzelnen Sendungen von Fernsehen SRF (9), Radio SRF (7), Fernsehen RTS (5) sowie je eine von Radio RTS, Fernsehen RSI, Radio RSI und Radio Top. Eine Beschwerde betraf sowohl Sendungen von Radio als auch von Fernsehen RTS. Auffallend sind der relativ hohe Anteil von beanstandeten Radiosendungen und die weiter steigende Zahl von Beschwerden aus dem französischsprachigen Raum. Die Beschwerden verteilten sich auf 19 unterschiedliche Sendegefässe und betrafen in der grossen Mehrheit Nachrichten- und andere Informationssendungen wie Polit-, Konsumenten-, Wirtschafts-, Wissens- oder Kulturmagazine sowie Diskussionsformate. Satirische Radiobeiträge bildeten Gegenstand von zwei Beschwerden. Die beanstandeten Sendungen behandelten unterschiedliche Themen wie die eidgenössischen Wahlen, die Erbschaftssteuerinitiative, die Agrarpolitik, die Sozialhilfe, die Rasergesetzgebung, die Alterspflege, den Klimawandel, den Automobilsalon in Genf, Ostern, einen Roman oder die Konflikte in Syrien und Gaza.

Bei drei der im Berichtsjahr abgeschlossenen Beschwerdeverfahren stellte die UBI eine Rechtsverletzung, namentlich eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots fest. Gutgeheissen hat die UBI Beschwerden gegen zwei Beiträge von Radio SRF. Die Nachrichtensendung „HeuteMorgen“ vermittelte einen falschen Eindruck über die Gründe des Wegzugs von grossen Unternehmen aus der Schweiz. Im Rahmen eines kritischen Beitrags über ein Telemarketingunternehmen wurde im Konsumentenmagazin „Espresso“ ein Verkaufsgespräch in unzutreffender Weise zusammengefasst. Nicht sachgerecht erachtete die UBI schliesslich einen Beitrag des Konsumentenmagazins „Kassensturz“ von Fernsehen SRF über „Zahnarztpfusch“, weil wesentliche Fakten nicht erwähnt wurden.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird seit Anfang 2016 von Vincent Augustin präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen (z.B. Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebot, Jugendschutz, Beachtung der Grundrechte) verletzt haben oder ob eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Ihre Entscheide können beim Bundesgericht angefochten werden. Die Beratungen der UBI sind grundsätzlich öffentlich und die Beschwerdeverfahren für die Beteiligten kostenlos.

UBI – Zwei Beschwerden gutgeheissen

eidgenossenschaftBern, 31.03.2015 – Bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) sind im vergangenen Jahr 20 neue Beschwerden gegen Radio- und Fernsehsendungen eingegangen. Diese richteten sich ausschliesslich gegen Sendungen aus Programmen der SRG. Zweimal hiess die UBI eine Beschwerde gut. Aus Anlass ihres dreissigjährigen Bestehens publizierte sie ein praktisches Handbuch.

Die UBI veröffentlicht ihren Jahresbericht für das Jahr 2014. Im vergangenen Jahr sind 20 neue Beschwerden gegen Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Veranstalter eingegangen, zwei mehr als im Vorjahr. Die der UBI vorgelagerten Ombudsstellen erhielten im gleichen Zeitraum insgesamt 564 Beanstandungen. Nur 3.5 Prozent dieser Fälle mündeten anschliessend in ein Beschwerdeverfahren vor der UBI, was die wichtige Rolle der Ombudsstellen im schweizerischen Aufsichtssystem unterstreicht.

Die bei der UBI 2014 neu eingegangenen Beschwerden richteten sich ausschliesslich gegen Sendungen aus SRG-Programmen. Gegenstand von Beschwerden bildeten im Einzelnen Sendungen von Fernsehen SRF (9), Radio SRF (4), Fernsehen RTS (3), Radio RTS (2) und Fernsehen RSI (1). Eine Beschwerde betraf sowohl Fernsehen SRF als auch Fernsehen RTS. Im Fokus der Beschwerden standen Nachrichten- und andere Informationssendungen wie die „Rundschau“, „10 vor 10″, „Kassensturz“ (alle von Fernsehen SRF), „Espresso“ (von Radio SRF), „19:30 le journal“ oder „Temps présent“ (beide von Fernsehen RTS). Bei den zwei Ausnahmen handelte es sich um satirische Beiträge. Thematisch ging es bei den beanstandeten Sendungen um Konsumentenschutz, die Schweizer Geschichte, die Masseneinwanderungsinitiative, die Jurafrage, die Drogen- und Energiepolitik, die geplante Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen, die Olympischen Winterspiele, eine öffentliche Urteilsberatung des Bundesgerichts, Verfahren gegen einen Walliser Weinhändler sowie die Berichterstattung zu den Konflikten im Nahosten und in der Ukraine.

Bei einem der im Berichtsjahr abgeschlossenen Beschwerdeverfahren stellte die UBI eine Rechtsverletzung fest. Betroffen war eine morgendliche Informationssendung von Radio RTS La Première zum Syrienkonflikt, welche das Sachgerechtigkeitsgebot verletzte. Im Dezember hiess die UBI zusätzlich eine Beschwerde gegen einen Beitrag der Sendung „HeuteMorgen“ von Radio SRF 1 zum Wegzug von grossen, internationalen Unternehmen – ebenfalls wegen Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots – gut. Die Eröffnung der schriftlichen Entscheidbegründung an die Parteien erfolgte allerdings erst 2015. Generell stand bei den Beschwerdeverfahren die Frage der Einhaltung des Sachgerechtigkeitsgebots, welches den Schutz der freien Meinungsbildung des Publikums gewährleistet, im Zentrum.

Aus Anlass ihres dreissigjährigen Jubiläums publizierte die UBI 2014 das Handbuch „Zwischen Medienfreiheit und Publikumsschutz. Die Medienregulierung in der Schweiz und die Praxis der UBI“. Es soll zum besseren Verständnis der Tätigkeit der UBI, des Beschwerdeverfahrens, der Rechtsprechung und der Medienregulierung beitragen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Medienschaffenden und Medienverantwortlichen eine praktische Hilfe bieten.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird von Roger Blum präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen (z.B. Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebot, Jugendschutz, Beachtung der Grundrechte) verletzt haben oder ob eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Die Beratungen der UBI sind grundsätzlich öffentlich und die Beschwerdeverfahren für die Beteiligten kostenlos. Jährlich hat sie dem Bundesrat einen Tätigkeitsbericht zu erstatten.