Welche Eigenschaften braucht ein Fernsehmoderator?

tumTUM-Studie zeigt, wie Moderatoren wirken und wie sie idealerweise sein sollten

Mehr als drei Stunden verbringen Deutsche täglich vor dem Fernseher. Doch wie nehmen sie eigentlich die Personen wahr, denen sie in Nachrichtensendungen, Shows oder Polittalkrunden begegnen? Und wie würde ihr Wunschmoderator sein? Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben jetzt herausgefunden, dass Moderatoren und Moderatorinnen unabhängig vom Sendeformat als relativ kompetent, sympathisch und glaubhaft wahrgenommen werden – und dass das auch die wichtigsten Eigenschaften eines idealen Moderators sein sollten.

Mit ihrem Team befragte Prof. Isabell Welpe, Inhaberin des TUM-Lehrstuhls für Strategie und Organisation, über 1000 Personen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, welches Idealbild sich die Zuschauer als Moderatorinnen und Moderatoren wünschten und welche Kompetenzen und Eigenschaften diese mitbringen sollten. Die Ergebnisse zeigten: Der ideale Moderator sollte unabhängig vom Sendeformat kompetent, durchsetzungsstark, sympathisch und glaubhaft sein – vor allem aber männlich.

Das galt besonders für Moderatoren von Sportsendungen, der zudem noch emotional und humorvoll sein sollten. Diese beiden Eigenschaften standen auch auf der „Wunschliste“ für Moderatoren von Unterhaltungsshows, während sie für Polittalks und Nachrichtensendungen eine geringere Rolle spielten. Auf die Frage, welche Eigenschaften eine „Traummoderatorin“ mitbringen sollte, nannten die Teilnehmer der Studie zusätzlich zu den allgemeinen Eigenschaften, wie zum Beispiel Kompetenz, noch Leidenschaft, Kultiviertheit und Friedlichkeit.

Aber obwohl mehr Befragte den idealen Moderator für männlich hielten, spielte das Geschlecht bei der Bewertung einer Sendung meist keine Rolle. In den Augen der Studienteilnehmer beeinflusste es die Qualität einer Sendung nicht, ob weibliche oder männliche Moderatoren durch Sport-, Politik- oder Nachrichtensendung führten. Eine Ausnahme bildete hier die Unterhaltungsshow – die Studienteilnehmer bewerteten Sendungen mit männlichen Moderatoren positiver.

Jung, kompetent, humorvoll – wie wirken Moderatoren?

Die Wissenschaftler wollten darüber hinaus wissen, wie Zuschauer bekannte Moderatorinnen und Moderatoren wahrnehmen. Die Teilnehmer bekamen deshalb jeweils Bilder von vier Moderatorinnen und vier Moderatoren aus vier unterschiedlichen Formaten gezeigt. Es handelte sich dabei um Nachrichtensprecher/innen, Moderator/innen von politischen Diskussionsrunden, Showmaster/innen und Sportmoderator/innen. Die Studienteilnehmer sollten dann unterschiedliche Eigenschaften wie Kompetenz, Humor, Glaubhaftigkeit oder Attraktivität den Personen zuordnen.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass männliche Moderatoren signifikant kompetenter, sympathischer, glaubhafter und humorvoller eingeschätzt wurden als Moderatorinnen – und damit dem Idealbild schon sehr nahe kommen. Moderatorinnen wirkten attraktiver und jünger als ihre männlichen Kollegen. „Wir konnten zeigen, dass die allgemein wahrgenommenen Geschlechtsunterschiede besonders stark bei Unterhaltungsshows ausgeprägt waren“, ergänzt Isabell Welpe.

„Unsere Studie zeigt, dass in der deutschen Medienlandschaft geschlechtsspezifische Stereotypen leider noch immer eine sehr große Rolle spielen. Es ist deshalb auch Aufgabe der Medien diese Rollenklischees – auch bei der Wahl von Sendungsart und -themen – immer weiter aufzubrechen“, fasst Welpe zusammen.

Die Studie wurde vom Fernsehsender sky mitgefördert.

Publikation
Keynote-Lecture im Rahmen der Medientage München: „Frauen in Männerdomänen – Anerkannte Expertinnen oder nur Alibi-Funktion?“, 23. Oktober 2014.

Welttag des Fernsehens am 21. November: Die Zukunft liegt im Stream

ecoKöln, 18. November 2014 – Ob Musik, Serien oder Filme – für Millionen Deutsche gehört Streaming inzwischen zum Alltag. Dienste wie Spotify, Netflix oder Amazon Instant Video wachsen konstant. Ein Ende der Entwicklung ist noch lange nicht in Sicht: Wie der eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. im Rahmen des Welttages des Fernsehens am 21. November 2014 feststellt, wird Streaming die Medienwelt in den kommenden Jahren von Grund auf verändern. Zuletzt ließ der öffentlichkeitswirksame Rückzug der Pop-Sängerin Taylor Swift aus der Spotify Bibliothek Zweifel an der Langlebigkeit von Streaming-Geschäftsmodellen aufkommen. Für Michael Westphal, Leiter der eco Kompetenzgruppe Streaming Media, nur ein prominenter Einzelfall: „Allein in der Musikbranche hat sich Streaming zum absoluten Erfolgsmodell entwickelt – die kontinuierlich steigenden Nutzerzahlen und sinkenden MP3-Downloads sprechen eine klare Sprache. Erst im Juni diesen Jahres wurden bundesweit erstmals mehr als eine Milliarde Streams pro Monat gemessen“, so der Streaming-Experte.
Streaming verändert die TV- und Gamingbranchen
Auch das Streamingangebot für Filme und Serien wird in Deutschland immer attraktiver und beliebter – mehr als 50 Prozent aller Bundesbürger nutzen es bereits regelmäßig. Aufwendige und populäre Eigenproduktionen der Anbieter wie „House of Cards“ untergraben dabei sogar mit großem Erfolg das bisherige Serienmonopol klassischer TV-Sender. Sogar in der PC- und Konsolenspielebranche wird Streaming in den nächsten Jahren laut eco Verband massiv an Bedeutung gewinnen: Viele Anbieter wie Sony, Valve oder Square Enix testen bereits erste sogenannte Remote-Gaming Lösungen. Die geplanten Dienste bringen aktuelle Spiele direkt von zentralen Servern verzögerungsfrei auf den heimischen Bildschirm. Westphal ist überzeugt: „Für die Spielehits von morgen wird eine schnelle Internetverbindung wichtiger sein als leistungsstarke Konsolen oder PCs. Die ersten Spiele-Streamingdienste werden voraussichtlich schon 2015 verfügbar sein.“
Experten prognostizieren Nischendasein für optische Datenträger
Laut Westphal wird Streaming die klassischen Medien aber auch in Zukunft nicht komplett verdrängen: „Optische Datenträger wie CDs, DVDs oder Blu-rays sowie digitale Downloads werden so schnell nicht völlig verschwinden, aber als Liebhaber- und Sammlerobjekte ein Nischendasein pflegen – so wie es heute etwa schon für die Vinylplatte der Fall ist.“

eco (www.eco.de) ist mit rund 800 Mitgliedsunternehmen der größte Verband der Internetwirtschaft in Europa. Seit 1995 gestaltet der eco Verband maßgeblich die Entwicklung des Internets in Deutschland, fördert neue Technologien, Infrastrukturen und Märkte, formt Rahmenbedingungen und vertritt die Interessen der Mitglieder gegenüber der Politik und in internationalen Gremien. In den eco Kompetenzgruppen sind alle wichtigen Experten und Entscheidungsträger der Internetwirtschaft vertreten und treiben aktuelle und zukünftige Internetthemen voran.


Weitere Informationen:
eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V.,
Lichtstr. 43h, 50825 Köln, Tel.: 0221 / 70 00 48 – 0,
E-Mail: info@eco.de, Web: www.eco.de

Mehr Flexibilität für die regionalen Radio- und Fernsehsender

eidgenossenschaftBern, 05.11.2014 – Der Bundesrat ebnet den lokalen Radios den Weg für den Umstieg vom analogen UKW auf die digitale Technologie DAB+. Er hat die Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) verabschiedet, die gleichzeitig die Unterstützung neuer Technologien optimiert und verschiedene weitere Entlastungen für Radio und Fernsehstationen vorsieht.

Die Teilrevision der RTVV, die am 1. Januar 2015 in Kraft treten wird, ermöglicht den Umstieg von der analogen UKW- zur digitalen DAB+-Verbreitung: Wenn ein lokales Radio ein Gebiet digital versorgt, kann es dort auf die UKW-Verbreitung verzichten. Zudem geht die Planung der UKW-Sendernetze auf die Radiostationen über; das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) ist nur noch für die Prüfung und Bewilligung zuständig. Diese neue Rollenverteilung wurde vor im Frühjahr 2013 in Absprache mit der Branche definiert und hat sich in der Praxis bereits bewährt.

Aufhebung der Programmfenster

Die Auflage einiger lokal-regionaler Radio- und Fernsehstationen, ein tägliches Programmfenster für ein bestimmtes Gebiet auszustrahlen, wird aus der RTVV gestrichen. Damit wird den Sendern mehr Flexibilität bei der Erfüllung des lokal-regionalen Leistungsauftrags eingeräumt. Die regionalen Informationsleistungen müssen weiterhin erbracht werden, es steht den Stationen aber künftig frei, in welcher Form sie diese erfüllen: Sie können weiterhin Fenster anbieten oder die regionalen Informationen ins Hauptprogramm integrieren. Bestehen bleibt jedoch die Anforderung an einzelne Stationen, spezifische Sendungen für sprachliche Minderheiten in ihren Programmen anzubieten.

Weitere Entlastungen der Radio- und Fernsehstationen

Die konzessionierten Lokalradios werden für die Verbreitung über DAB+-Plattformen besser unterstützt: Der Bundesrat hat entschieden, die aktuellen gesetzlichen Möglichkeiten möglichst auszuschöpfen, um die Nutzung dieser Technologie zu fördern. Damit soll die Doppelbelastung während der Umstellungsphase von der analogen UKW- auf die digitale DAB+-Verbreitung abgefedert werden. Eine weitere Verbesserung der Unterstützung neuer Verbreitungstechnologien wurde mit der Teilrevision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) beschlossen; diese wurde vom Parlament am 26. September 2014 verabschiedet und tritt frühestens 2016 in Kraft.

Weitere Entlastungen betreffen die Verpflichtung zur Förderung des Schweizer Films, die behindertengerechte Aufbereitung von Sendungen und die Jahresberichterstattung. Diese Pflichten der Fernsehveranstalter gelten neu erst ab einem jährlichen Betriebsaufwand von einer Million Franken (bisher 200 000 Franken).

Nicht Gegenstand dieser Teilrevision ist die Regelung des hybriden Fernsehens. Das sogenannte HbbTV oder „Hybrid broadcast broadband TV“ ermöglicht, Informationen zu einer Fernsehsendung im Internet abzurufen und auf dem TV-Bildschirm anzuzeigen. In der öffentlichen Anhörung hat sich gezeigt, dass es hinsichtlich der Verbreitungspflicht von gekoppelten Diensten, basierend auf HbbTV, weiteren Klärungsbedarf bei der Umsetzung und noch eine gewisse Vorbereitungszeit braucht.

Tele M1 und TeleBärn stellen auf HD um

tele
Aarau/Bern, 3. November 2014 – Ab sofort senden Tele M1 und TeleBärn ihr Programm in HD-Qualität. Die Umstellung erfolgt automatisch und die Sender bleiben auf ihren bisherigen Programmplätzen. Zum Start sind beide Sender im digitalen Angebot von upc cablecom, Quickline, SASAG, GGA Maur, Ziknet,
YetNet und Stadtantenne Baar in HD verfügbar.

Tele M1 und TeleBärn können über upc cablecom, Swisscom, Quickline, Sunrise sowie viele weitere Kabelnetzbetreiber in der gesamten Deutschschweiz empfangen werden. Im Web sind Tele M1 und TeleBärn via Web-TV (Wilmaa, Zattoo, Teleboy, Blick TV und Swisscom TV Air) verfügbar und bieten das Programm im Live-Stream sowie on demand auf telem1.ch und telebaern.tv an.

Jahrbuch Qualität der Medien 2014 – es geht abwärts

logoJournalismus unter der Diktatur der Reichweite
Unterhaltung, Gratis-Angebote und Infotainment bringen Reichweite und Werbegelder, der klassische Informationsjournalismus verliert. Damit verdrängt die Reichweite die Qualität. Bei den Gratisangeboten leidet die Qualität, weil sie nicht gepflegt werden muss, bei den Kaufangeboten leidet sie, weil sie immer weniger finanziert werden kann. Dadurch schrumpfen die Angebots-, die Akteurs- wie die Themenvielfalt. Die Widerstände gegen diese Entwicklung in der Branche sind gering, die Marktzwänge erscheinen ihr als Naturgewalten.

Im fünften Jahrbuch Qualität der Medien – Schweiz Suisse Svizzera stellen wir – neben den anhaltenden Verlusten der  Werbe- und Kaufeinnahmen im Informationsjournalismus – die folgenden nachhaltigen Entwicklungen fest.

Unterhaltungsangebote profitieren ökonomisch
Die Werbeeinnahmen verschieben sich in zunehmendem Mass in Richtung Unterhaltungsangebote. Festzustellen ist weiterhin eine markante Zunahme der Werbeerlöse der Werbefenster ausländischer TV-Privatsender, während die Anteile des öffentlichen Fernsehens rückläufig sind. Auch private TV-Unterhaltungsangebote der Schweiz (z.B. 3+) haben einen grösseren Erfolg bei den Werbeeinnahmen als die privaten TV-Angebote mit Informationsjournalismus.
Während die Gratiskultur die Kaufbereitschaft für Informationsjournalismus gesenkt hat, wird Unterhaltung durch die Kaufbereitschaft des Publikums gestützt. Gemäss einer WEMF-Umfrage 2014 sprechen sich nicht weniger als 57% der Befragten grundsätzlich dagegen aus, für Zeitungen und Zeitschriften online zu bezahlen. Die Haushaltausgaben für Medien steigen, obwohl diejenigen für Informationsjournalismus sinken.

Reichweite verdrängt Qualität
Der Trend in Richtung Unterhaltungsangebote lässt sich auch innerhalb des Informationsjournalismus beobachten: Gratisangebote on- und offline, die auf rasch konsumierbares Infotainment setzen, weisen mit Abstand die grössten Reichweiten auf, werden mit überdurchschnittlich hohen Werbeeinnahmen belohnt und verdrängen dadurch die Kaufangebote mit klassischem Informationsjournalismus. Diese Entwicklung wird durch den wachsenden mobilen Medienkonsum verstärkt. Unterwegs werden wenig anspruchsvolle Medieninhalte bevorzugt.

Social Networks verstärken den Infotainment-Trend
Der Trend zur Unterhaltung wird auch durch die Social Networks verstärkt. Annähernd drei Viertel der im Jahr 2013 viral am meisten verbreiteten Beiträge sind Softnewsbeiträge. Zudem weisen jene Newssites die grössten Zugriffsraten aus den Social Networks auf, die auf Infotainment setzen.
Die Nutzer in den Social Networks betreiben eine vorwiegend gemeinschaftliche Kommunikation. Selbstdarstellung, das Sammeln von «Likes» und das Maximieren von Aufmerksamkeit im Netzwerk der «Friends» stehen im Zentrum. Deshalb werden moralisch-emotionale, unterhaltende oder skan-dalisierende Inhalte bevorzugt. Die starke Nachfrage nach Human Interest aus den Social Networks wird so zu einem Antagonisten des Hardnewsjournalismus.

Negativspiralen und Qualitätseinbussen
Die Qualitätserosion in der Medienarena hält aus den genannten Gründen an. Die meisten der untersuchten Medien weisen im Jahr 2013 tiefere Werte als im Vorjahr und die tiefsten Messwerte seit
Beginn der Messung im Jahr 2010 auf. Bei den qualitätsniedrigen Informationsangeboten sinkt die Qualität weiter, weil sie bei den Gratisangeboten nicht nachgefragt wird. Bei den Informationsangeboten mit Qualitätsanspruch sinken unter dem Druck der Sparrunden, wegbrechender Einnahmen, der Klickratenorientierung und unter dem Aktualitätsdruck dagegen vor allem die Einordnungsleistungen. Aber auch Softnews werden bei Medien mit Qualitätsanspruch wichtiger, d.h. auch hier nimmt die Relevanz vor allem bei den Online-Newssites ab.

Erosion der journalistischen Berufskultur
Um Renditen im Informationsjournalismus aufrechtzuerhalten, erfolgt neben unaufhörlichen Spar-runden eine Industrialisierung und eine Marketingsteuerung der Newsproduktion. Redaktionen verlieren mitsamt ihren Ressortspezialisierungen an Bedeutung zugunsten neuer Werkhallen des Allroundjournalismus. Innerhalb der journalistischen Berufskultur regt sich zwar etwas mehr, insgesamt aber immer noch wenig Widerstand gegen diese Entwicklung.

«Medienhypes» und veränderte Resonanzchancen für politische Akteure
Neben der Abnahme der Einordungsleistungen und der Zunahme von Softnews reduziert sich die Themen- und die Akteursvielfalt. Themen, die früher zur Nische des Boulevardjournalismus gehörten, werden auch von Medientiteln mit Qualitätsanspruch aufgenommen und entfalten sich zu «Medien-hypes», die die ganze Medienarena beherrschen. Exemplarisch für das Jahr 2013 war hier der Fall «Carlos». Diejenigen Themen erhalten am meisten Berichterstattung, die moralisch-emotional aufgeladen werden.
Entsprechend erzielen auch diejenigen Akteure am meisten Resonanz, die ihre Themen stark auf Gegensätze zuspitzen und Differenzierungen vermeiden. Diejenigen politischen Akteure, die dies praktizieren werden mit hoher Aufmerksamkeit belohnt, diejenigen, die abwägen, werden mit geringer Resonanz bestraft.

Massnahmen sind notwendig
Die strukturelle Krise, der Qualitätsverlust und die immer noch geringe Widerstandkraft in der Branche gegen möglichst billigen, reichweitenzentrierten Journalismus sind Probleme, die die Medienkonsumenten als Bürger eines demokratischen Gemeinwesens betreffen. Medienpolitische Reflexionen sind deshalb nötig. Das Jahrbuch begrüsst die diesbezüglichen Diskussionen und die Standortbestimmung der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK).

Untersuchungsanlage und Methodik
Die Untersuchung der Qualität der Medien vollzieht sich auf zwei Stufen. Erstens wird die publizistische Versorgung – d.h. die Auflage bzw. die Nutzung, die Einnahmen und die Besitzverhältnisse der Informationsmedien in der Schweiz – untersucht. Im Jahre 2013 erreichen 145 Medientitel die für diese Untersuchung erforderliche Abdeckungsrate von 0.5% der Wohnbevölkerung pro Sprachregion. Von diesen Titeln werden jeweils in einem zweiten Schritt die 48 bedeutendsten Titel aller Mediengattungen (Presse, Radio, Fernsehen, Newssites) in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz einer Qualitätsanalyse unterzogen auf der Basis der Merkmale Vielfalt, Relevanz, Aktualität und Professionalität (Weiterführende Angaben zur Methodik und zum zugrunde liegenden Qualitätsver-ständnis auf www.foeg.uzh.ch).

Jahrbuch 2014 Qualität der Medien • Schweiz Suisse Svizzera
Wozu dieses Jahrbuch? Das Ziel dieses Jahrbuchs ist die Stärkung des Qualitätsbewusstseins bei den Medienmachern und beim Publikum. Das Jahrbuch bildet eine Quelle für Medienschaffende, Akteure aus Politik und Wirtschaft, die Wissenschaft und für alle Interessierte, die sich mit der Entwicklung der Medien und ihren Inhalten auseinandersetzen wollen. Anstoss für das Jahrbuch bildet die Einsicht, dass die Qualität der Demokratie von der Qualität der medienvermittelten Kommunikation abhängt. Das Jahrbuch will einen Beitrag dazu leisten, dass die Qualität der Medien ein wichtiges Thema öffentlicher Kommunikation wird.
Wer zeichnet für dieses Jahrbuch verantwortlich? Das Jahrbuch wird herausgegeben durch das fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich (www.foeg.uzh.ch). Folgende Autoren sind am Jahrbuch 2014 beteiligt (in alphabetischer Reihenfolge): Urs Christen, Mark Eisenegger, Patrik Ettinger, Angelo Gisler, Lucie Hauser, Kurt Imhof, Esther Kamber †, Mario Schranz, Linards Udris und Daniel Vogler.
Wer finanziert und unterstützt dieses Jahrbuch? Die Finanzierung für das Jahrbuch wird durch die gemeinnützige Stiftung Öffentlichkeit und Gesellschaft (www.oeffentlichkeit.ch) eingebracht. Der Stiftungsrat setzt sich zusammen aus: Christine Egerszegi-Obrist, Kurt Imhof, Yves Kugelmann, Fabio Lo Verso, Dick Marty, Oswald Sigg und Peter Studer.
Die Stiftung verdankt die Mittel für das Projekt den folgenden Donatoren: Adolf und Mary Mil Stiftung, Allreal Holding AG, Anne Frank Fonds Basel, Credit Suisse Foundation, Die Schweizerische Post AG, Verband Interpharma Basel, Paul Schiller Stiftung, Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Swiss Re, Zürcher Kantonalbank und verschiedenen Einzeldonatoren.
Wo erscheint das Jahrbuch? Das Jahrbuch erscheint im Schwabe Verlag in gedruckter Form (ISBN 978-3-7965-3320-4) und als Online-Book (ISBN 978-3-7965-3321-1). Unter www.foeg.uzh.ch publiziert das fög laufend weitere Untersuchungen und kommuniziert deren zentrale Befunde. Daneben publiziert das fög unterjährig Studien und Reflexionen, die auf www.schwabeverlag.ch beziehbar sind.
Dieses Jahrbuch widmen wir unserer verstorbenen Forschungsleiterin Esther Kamber. Sie hat dieses Unternehmen entscheidend geprägt.

Medienförderung im digitalen Zeitalter – eine andere Rolle für die SRG

An einer Pressekonferenz hat heute Avenir Suisse die Reformagenda für einen technologie- und wettbewerbsneutralen Service public vorgestellt. Die wichtigsten Punkte:

  • Die SRG soll zum Public-Content-Provider werden
  • Sie darf keine eigenen Plattformen mehr unterhalten
  • Private könne unentgeltlich die Inhalte übernehmen
  • Werbung und Sponsoring würden abgeschafft
  • Der Dienst soll weiter über Gebühren finanziert sein

Das ist sicher ein spannender Ansatz. Wie weit er Fuss fasst und sich in den Köpfen der Politikerinnen und Politiker ausbreitet wird man sehen. Eine Realisierung eines solchen Konzeptes hätte verschiedene Änderungen auf Verfassungs und Gesetzesebene zur Folge.

Den ganzen Bericht findet man unter folgendem Link: www.avenir-suisse.ch

 

 

Jugendkanal von ARD und ZDF nur Online – TV verabschiedet sich in Raten

Als öffentlich rechtliche TV-Anstalten mit einem Service Public Auftrag gehören natürlich auch die Jugendlichen zur anvisierten Zielgruppe. ARD und ZDF hatten darum eine Eingabe für ein konvergentes TV-Angebot für diese Zielgruppe vorbereitet. Die Ministerpräsidentenkonferenz in Deutschland hat das Konzept aber in dieser Form nicht verabschiedet.

Der TV-Kanal enfällt. Es gibt für diese Zielgruppe keine Übertragung auf dem konventionellen Weg.

Was genau die Hintergründe für diese Entscheidung sind, ist schwer nachvollziehbar. Hier ein paar Mutmassungen:

  1. Die Jugendlichen haben sich sowieso vom klassischen TV verabschiedet und sind als künftige TV-Konsumentinnen und Konsumenten eh verloren.
  2. In fünf bis zehn Jahren verschwindet das klassische Fernsehen sowieso.  Alle TV-Geräte werden über Internetzugang verfügen. 95% der Inhalte werden on demand ausgeliefert. Da macht der Aufbau eines neuen Kanals keinen Sinn mehr.
  3. Das Nutzerverhalten der Jugendlichen ist auf Online fokussiert. Mit einem Internetkanal erreicht man 100%.

Für mich sieht es aus wie ein Abschied vom klassischen TV in Raten.

Neues Radio- und Fernsehgesetz für den Ballenberg

Die Legislative (Ständerat und Nationalrat) hat ein Gesetz verabschiedet, das bestens in die historische Umgebung des Ballenberg passt.

Es wird für Private und Firmen eine Zwangsabgabe oder Kopfsteuer eingeführt, unabhängig davon, ob die entsprechenden Medien konsumiert werden oder nicht. Eine Kopfsteuer ist per se asozial. Für Leute mit geringem Einkommen sind auch 400.- CHF sehr viel Geld pro Jahr.

Ganz gegen den Trend läuft auch der Ansatz, dass ich mit einer Pauschalgebühr Inhalte finanzieren muss, die mich gar nicht interessieren.

  • Wozu soll ich teure TV-Rechte an Fussball Live-Sendungen mitfinanzieren, wenn meine sportlichen Neigungen eher bei Skateboard liegen?
  • Warum muss ich für die blamablen Rate- und Quiz-Sendungen zahlen, die im Vorabend Programm laufen?
  • Interessiert mich welcher Promi Hämorrhoiden hat?

Bis jetzt habe ich von den Politikerinnen und Politiker noch keine sinnvolle Antwort erhalten.

Der Staat inszeniert hier eine Mediendiktatur, die im Zeitalter der Informationsgesellschaft völlig quer in der Landschaft liegt. Der Trend geht ganz klar von den etablierten Medien Radio und Fernsehen weg zu Formaten, die via Internet abrufbar sind.
Es ist eklatant, dass die alten Medien in dieser Form unterstützt werden und neue Formate im Internet gehen leer aus. Suisa, Swissimage und ProLitteris hätten hier auch noch ein paar Aufgaben zu lösen. Warum bekommt ein erfolgreicher Autor, der in einem Blog publiziert keine Kopierentschädigungen. Wird der gleiche Artikel in einer abonnierten Zeitschrift abgedruckt, werden Kopierentschädigungen bezahlt!?
Der Staat kann seine Informationsaufgabe gegenüber der Bürgerin und dem Bürger auch in anderer Form erfüllen. Dazu benötigt man kein Staatsradio oder Staatsfernsehen. Jede grössere Verwaltungseinheit hat heute eine Medienbeauftragte. Zu vielen wichtigen Projekten gibt es Medienveranstaltungen mit Medien-Dossiers. Die Pressemeldungen und Ankündigungen der Verwaltung sind fast ausnahmslos auf deren Webpage verfügbar. Zum Teil gibt es sogar Videomittschnitte, die via Internet abrufbar sind. Dazu braucht es keine SRG.
Vollends nachvollziehbar wird dieser Gedanke, wenn man sich überlegt, wie sich die Finanzierung der Übertragungsinfrastruktur verschoben hat. Früher finanzierten TV- und Radio-Sender teure Sendeanlagen. Heute finanziert die Kundin oder der Kunde die Übertragungstechnik, Internet-Anschluss, DSL-Modem, Router, Internetabo etc. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die anvisierten Inhalte in der Regel nicht in der Schweiz, z.B. Serien, Musikvideos etc. Für diese Inhalte ist der Vertriebskanal eines staatlichen Radio und Fernsehens obsolet. Das gleiche gilt auch für die privaten Betreiber.
Höchste Zeit also, dass man den Servicepublic neu definiert,

  • sozial verträglich
  • Service Public eng gefasst
  • individualisiert
  • Kosten nach Konsum verrechnet

Abstimmungs- und Wahlinfos soll die Verwaltung analog FCB-TV, FCZ-TV, Quartier-TV selber produzieren. Abstimmungsunterlagen auf Papier in Ehren, aber ohne QR-Code mit Link auf einen Videobeitrag, wo alles erklärt wird, sind sie obsolet. Das alles wäre mit einem Bruchteil des jetzigen SRG-Budgets möglich und könnte über die Steuern finanziert werden. Damit wäre die Servicepublicaufgabe erfüllt.

Sport-Livesendungen sollten per Pay per View verfügbar sein. So wie das in einzelnen Sportverbänden in der USA teilweise gehandhabt wird.

Unterhaltung, Film, News zu aktuellen Geschehen in der Welt und in dem Land kann man den etablierten Verlagen überlassen. Mit der heutigen Medienkonvergenz ist sowieso jede Zeitung auch ein Videojournal.

Das Staatsfernsehen und –radio in der heutigen Form und mit dem heutigen Finanzierungsmodell darf man getrost in den Ballenberg verabschieden.

Das würde den Blick frei machen auf künftige Medienentwicklungen und die Rolle des Staates in der digitalen Medienlandschaft könnte darin neu gedacht werden.

Schweizer Medienkongress – Rede von Bundesrat Alain Berset

eidgenossenschaft«Im Falle eines Weltuntergangs wäre ich am liebsten in der Schweiz», sagte Albert Einstein. «Dort geschieht alles etwas später.»

Hat Einstein recht? Wahrscheinlich würde der Weltuntergang in der Vernehmlassung zerzaust; spätestens jedoch im Parlament. Vielleicht wären aber auch die verschiedenen Vorstellungen über einen angemessenen Weltuntergang bereits im Bundesrat unüberbrückbar. Und dann das Volk! Man darf annehmen, dass es den Weltuntergang ablehnen würde.

Für einmal irrte Einstein also: Der Weltuntergang geschähe hierzulande nicht einfach später, er wäre völlig chancenlos.

Globaler Markt trifft auf direkte Demokratie

Aber der Zeitgeist ist schon eher pessimistisch. Die Zeitungen sind voll von geopolitischen Unsicherheiten, von der Krise der Mittelschicht, von Abstiegsängsten. Die unheilvollen Schlagzeilen vermehren sich, und das vor dem Hintergrund eines globalen Machtvakuums.

Wer regiert die Welt? Schwer zu sagen. Der amerikanische Politologe Ian Bremmer beispielsweise spricht von der „G-0″. Man könnte auch sagen: Die stärkste Kraft ist die Globalisierung. Sie bringt grosse wirtschaftliche Chancen mit sich, aber auch eine tiefgreifende Verunsicherung. Das führt in vielen Ländern zu einem Rückzug auf das Eigene, Vertraute, Überschaubare.

Diese Dialektik ist auch in der Schweiz zu beobachten. Unser Land gehört zu den am stärksten globalisierten Ländern überhaupt – mit allen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen, die das beinhaltet.

In unserem Land – und nur hier! – treffen die globalen Marktkräfte auf die direkte Demokratie. Die Schweiz ist „bottom-up“ aufgebaut, während die Logik der globalen Wirtschaft stark „top-down“ funktioniert. Das macht die Schweiz zu einem Sonderfall, was die gesellschaftliche Akzeptanz der Globalisierung angeht. Wir beurteilen auch an der Urne, ob die verschiedenen Prozesse der Internationalisierung uns eher bedrohen – oder ob doch die Chancen überwiegen.

Die heutige Schweiz mit ihrer im Weltmassstab überschaubaren Bevölkerung von acht Millionen erscheint in der Logik der internationalen Arbeitsteilung als ein einziger Wirtschafts-Cluster. Und als ein höchst erfolgreicher dazu.

Und trotzdem: In Teilen der Bevölkerung herrscht ein gewisses Unbehagen gegenüber einer Wirtschaft, die als von den Menschen abgekoppelt wahrgenommen wird. Exorbitante Löhne, der Imperativ der ständigen Selbst-Vermarktung oder das Leben unter dem Damokles-Schwert der nächsten Restrukturierung – all diese Aspekte der globalisierten Wirtschaft stossen mit Kernwerten unseres Landes wie Bescheidenheit und Beständigkeit zusammen.

Und auch Ängste vor starker Einwanderung und kultureller Entfremdung haben sich deutlich manifestiert in letzter Zeit. Die Schweiz hat einen der höchsten Ausländeranteile der Welt. Fragen nach der nationalen Identität, nach dem Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden haben zurzeit Hochkonjunktur.

Fazit: Dass es im Gebälk des Schweizer Selbstverständnisses ab und zu knirscht, darf niemanden überraschen. Das häufig diagnostizierte „Unbehagen“ trotz wirtschaftlichem Erfolg ist kein Mysterium. Es ist schlicht Ausdruck der Tatsache, dass die Schweiz demographisch ein Riesenzwerg – aber wirtschaftlich ein kleiner Riese ist.

Die Schweiz gibt komplizierte Antworten

Die Globalisierung und die Europäisierung – die ja nicht nur, aber auch, eine Facette der Globalisierung ist – stellen unser Selbstverständnis in Frage. Die einfachste Antwort wäre natürlich Nationalismus. Wir beobachten denn auch in etlichen Ländern den Aufstieg dieser Kräfte.

In vielen Länder scheint die Identitätsfrage klar und eindeutig zu beantworten sein: „Wir sind wir!“ Die kulturell und sprachlich vielfältige Schweiz kann diese einfache Antwort nicht geben. Wir lassen uns nicht auf einen gemeinsamen kulturellen Nenner bringen.

Nous, ce sont aussi les autres. Ceux avec qui nous partageons un Etat et des valeurs-clé. Au cœur de notre identité, on trouve aussi la démocratie directe, le fédéralisme, le plurilinguisme, la diversité culturelle, le respect des minorités. Le nationalisme n’est donc pas seulement la mauvaise réponse.C’est aussi un danger pour notre pays.

Notre patriotisme ne peut donc être qu’un patriotisme institutionnel. C’est ce qui nous différencie de beaucoup d’autres pays. Un nationalisme ethnico-culturel s’adressant à un collectif homogène ne peut exister dans notre pays.

« Qui sommes-nous ? » : la Suisse est un pays qui ne peut donner qu’une réponse compliquée à cette question pourtant simple.

Confrontés aux différentes forces centrifuges qui agitent notre société, nous avons logiquement tendance à nous tourner vers ce que nous connaissons, ce qui nous est familier.

On ne renforce pas une identité avec des mots, mais bien avec des actes. Se dire patriote est une chose. Contribuer à la cohésion sociale, l’un des piliers de la réussite de notre pays, en est une autre.

Les ressources politiques et culturelles de la Suisse ne sortent pas d’une pochette surprise. On ne les trouve pas non plus dans le sous-sol de la prairie du Grütli. Nous les avons patiemment constituées. Nous les soignons grâce à notre capacité à trouver des compromis, à préserver l’équilibre entre les forces politiques et les différentes régions du pays.

L’histoire de la Suisse est pleine de ces ponts jetés au-dessus de nos fossés religieux, linguistiques, politiques ou sociaux. Je sais, le compromis a plutôt mauvaise presse, mais notre capacité à faire des compromis est un atout majeur. C’est cela notre véritable formule magique. Celle qui nous permet de trouver, encore et toujours, l’équilibre entre compétitivité et solidarité. Préserver cet équilibre est un défi de taille pour notre culture politique.

Il nous faudra parallèlement, et c’est le but du Conseil fédéral avec son Message culture, renforcer notre diversité. Renforcer notre diversité pour répondre à la mondialisation.

Je l’ai dit : résoudre les problèmes et jeter des ponts est inscrit dans notre ADN politique. Et heureusement, car le travail ne manque pas. Regardez le marché de l’emploi: nous devons absolument renforcer notre propre potentiel. On ne peut accepter que les femmes hautement qualifiées ne travaillent qu’à temps partiel parce que leur pays ne leur permet pas de concilier travail et famille. On ne peut accepter non plus, a fortiori dans une société vieillissante, que les plus de 50 ans craignent d’être exclus du marché du travail.
Le culte de la jeunesse a ses limites. Celles du bon sens.

Ces points de friction entre économie et société doivent être résolus au profit de la société, pour que l’économie renforce sa légitimité auprès de la population. Sinon, les votations tourneront systématiquement au règlement de comptes.

Die Gesellschaft ist kein erweitertes Headquarter. Die Gesellschaft ist in mancherlei Hinsicht sogar das exakte Gegenteil eines Unternehmens. Die Unternehmen bevorzugen natürlich die Verfügbarsten, die Flexibelsten, die manchmal zugleich auch die Besten sind. Die Gesellschaft aber ist für alle verantwortlich, nicht nur für die jungen, gesunden, kinderlosen, hoch qualifizierten Spitzenkräfte.

In der Globalisierung wächst auch der Stellenwert der sozialen Sicherheit. Zum „Versprechen Schweiz“ – zum politisch-psychologischen Vertrag zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern – gehört auch ein Alter in materieller Würde.

Die Reform der Altersvorsorge ist ein Lackmus-Test für unsere politische Kultur. Sie wird nur gelingen, wenn wir uns unserer Stärken besinnen: Kompromissfähigkeit, Pragmatismus, die Bildung breiter Koalitionen.

Wir müssen uns verstehen

Die Globalisierung – und mit ihr die Dominanz der Weltsprache Englisch – stellt eine Herausforderung dar für unseren nationalen Zusammenhalt. Unsere Landessprachen sind mehr als ein Kommunikationsmittel – sie sind das Eintritts-Billet zu einer ganzen Kultur. Wir müssen uns in der Schweiz gegenseitig gut verstehen, sonst funktioniert unser Land nicht.

Sicher, das bedeutet Arbeit. Und viele sehnen sich, verständlicherweise, nach Entlastung in einer ohnehin schon anstrengenden Zeit. Aber, um es mit G.K. Chesterton auf Frühenglisch zu sagen: „Do not free a camel of the burden of his hump; you may be freeing him from being a camel.“ Ohne Höcker wäre das Kamel zwar entlastet, aber eben leider kein Kamel mehr. Und ohne Mehrsprachigkeit wäre die Schweiz zwar globalisierungsfähig – aber eben leider nicht mehr die Schweiz.

Zudem gilt es zu bedenken: Die Schweizer KMU, die über 99 Prozent der Unternehmen unseres Landes ausmachen, verlangen von ihren Mitarbeitenden meistens nach wie vor mehr als eine Landessprache. Erwähnenswert scheint mir auch, dass Frankreich Deutschland voraussichtlich bis zur Jahrhundertmitte demographisch überholen wird. Und so zum bevölkerungsreichsten Land auf dem Kontinent wird. Das dürfte auch kulturell und politisch nicht folgenlos bleiben.

„Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“

Sie sind wahrscheinlich schon etwas unruhig, weil Sie bisher nicht kritisiert worden sind. Ich muss Sie enttäuschen: Ich werde den Medien jetzt nicht Mainstream vorwerfen. Die Kritik am Medien-Mainstream ist ja inzwischen selber Mainstream – und aus diesem logischen Widerspruch finde ich nicht heraus.

Lassen Sie mich stattdessen sagen: Ich vertraue der Innovationskraft der Medienhäuser. Und ich bin mir sicher: Es wird immer hochwertigen Journalismus geben.

An der Nachfrage scheitert es jedenfalls nicht. Denn kaum je zuvor war eine gesamtgesellschaftliche Debatte wichtiger als heute. Und diese können nur gute Zeitungen leisten – ob online oder im Print. Denn was ist eine Zeitung? Der amerikanische Dramatiker Arthur Miller hat sie treffend so beschrieben: „Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“.

Aus aktuellem Anlass stellt sich die Frage: Ist dieses Selbstgespräch in der Romandie gefährdet? In der französisch-sprachigen Schweiz hat der Umbruch in der Zeitungslandschaft in letzter Zeit an Fahrt gewonnen.

Ich beobachte diese Situation von Nahem und kenne die Befürchtungen vieler Romands im Zusammenhang mit dieser Entwicklung. Und ich teile die weit verbreitete Ansicht, dass die französischsprachige Schweiz regionale Zeitungen braucht und unbedingt auch weiterhin überregionale Zeitungen wie Le Temps oder L’Hebdo.

Die Medien ermahnen uns Politiker ja – völlig zurecht – immer wieder, dass Macht auch Verantwortung mit sich bringt. Dasselbe gilt aber auch für die Medienbranche. Auch ihre Macht kann es nicht ohne Verantwortung geben.

Es ist deshalb wichtig, dass die Verlage – ich denke da etwa an Ringier und Tamedia -ihre Verantwortung in der Romandie auch in Zukunft wahrnehmen. Und dass die französischsprachige Schweiz also auch künftig publizistisch starke, eigenständige Zeitungen mit attraktiven Arbeitsbedingungen haben wird.

Das Gemeinwohl kann nicht auf hundert atomisierten Kanälen diskutiert werden – sondern nur in Diskussionsforen, die in die gesamte Gesellschaft ausstrahlen. Denn es reicht nicht, nur die eigenen gesellschaftlichen Kreise im Auge zu behalten. Wer es bis zur Finanz- und Schuldenkrise nicht geglaubt hat, der glaubt es seither: Eine Gesellschaft hat als Ganze Erfolg – oder sie scheitert als Ganze.

Ohne starke Medien wird uns die Entzifferung des grassierenden „Unbehagens“ nicht gelingen. Und es wird uns auch nicht gelingen, dieses Unbehagen zu entschärfen, bevor es politikmächtig wird.

Wobei sich nicht jedes Thema brachial auf Pro und Contra herunter brechen lässt.

Gerade im binären Zeitalter gilt es dem binären Code zu widerstehen. Aber wenn ich die manchmal polarisierte Debatte in den Medien kritisiere, dann meine ich natürlich auch immer uns Politiker. Denn wir sind es ja, die wir uns in diesen Debatten häufig nur allzu gerne profilieren.

Für eine Renaissance der politischen Kultur

Die gegenwärtige Unsicherheit hat auch etwas Befreiendes; man darf wieder denken. Was vom „Washington Consenus“ übrig bleibt, ist lediglich der Konsens, dass es keinen Konsens mehr gibt; dass jedes Land seinen eigenen Weg suchen muss, gemäss seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Institutionen, seinen eigenen Werten.

Die Schweiz ist innenpolitisch ein Sonderfall unter vielen.  Gerade deshalb wird auch die Einordnung der Schweizer Politik in internationale Entwicklungen interessanter. Auch diese Einordnung können nur starke Medien leisten.

Die Globalisierung stellt uns im Bezug auf unsere politische Kultur, unsere Sozialpolitik und unsere kulturelle Identität in Frage. Das heisst aber auch: Wir haben jetzt die Chance, unsere kreativen Energien zu mobilisieren. Wir müssen gute Lösungen suchen. Lösungen, die sich auf die reale Schweiz beziehen – nicht auf eine imaginäre Schweiz.

Die Schweiz ist von ihrem ganzen Staatsaufbau her völlig ungeeignet für nationalistischen Rückzug und kollektives Schmollen. Albert Einstein fühlte sich in unserem Land wohl, weil es Raum für Freiheit und Kreativität lässt, für Vielfalt und Eigensinn. Um ein bekanntes Diktum Einsteins zu paraphrasieren: Man soll es sich mit der Frage nach der nationalen Identität so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.

Das Bewusstsein für die Schweiz wächst, indem das Bewusstsein dafür wächst, wie die Schweiz funktioniert. In diesem Sinne sage ich: Es wäre gut, wenn es uns gelänge, unser Land wieder ein wenig zu verschweizern.

Die Renaissance unserer politischen Kultur würde uns auf eine Weise stärken, die nachhaltig und substanziell ist. Und es wäre eine Art Aufbruch, eine Manifestation neuen Selbstbewusstseins – nach all den Jahren, in denen sich unsere auf Kompromisse ausgerichtete politische Kultur in Richtung Zentrifugal-Demokratie bewegt hat.

Man könnte entgegnen: Aber wir sind doch ein Hort der Stabilität! Ja, das sind wir – aber nicht, weil wir ein statisches Land sind. Sondern, weil wir seit jeher ein dynamisches Land sind, das in einer dynamischen Umwelt nicht verhärtet, porös wird und schliesslich zerbricht.

Eine Schweiz, die einfach nur die Schweiz ist, ist irgendwann nicht mehr die Schweiz. Die Schweiz bleibt nur die Schweiz, wenn sie immer wieder die Schweiz wird.

Radio RTS und Fernsehen SRF verletzten Programmrecht nicht

eidgenossenschaftBern, 11.09.2014 – Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) hat an ihrer öffentlichen Beratung in Genf verschiedene Beschwerden abgewiesen. Sie erachtete zwei satirische Radiobeiträge von RTS zum Berner Jura, den Trailer von Fernsehen SRF zu den Olympischen Winterspielen sowie einen Beitrag von „10 vor 10“ zur Akzeptanz von Kernenergie als vereinbar mit dem Programmrecht.

Im Rahmen ihrer öffentlichen Beratung in Genf hatte die UBI über insgesamt vier ausgestrahlte Sendungen zu befinden. Gleich zwei Beschwerden gingen gegen Radiobeiträge ein, welche sich mit der Volksabstimmung vom November 2013 im Jura beschäftigten, in der sich die Bevölkerung des Berner Jura für den Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen hatte. In der Sendung „L’Agence“ von Radio RTS La Première sang der bekannte Humorist Thierry Meury das Lied „Le paysan oberlandais“ und in der humoristischen Chronik „Paire de baffles“ auf Couleur 3 gab der Moderator einen Kommentar zur ausgebliebenen „Hochzeit“ zwischen den beiden jurassischen Gebieten ab.

Die UBI kam in der Beratung zum Schluss, dass der satirische Charakter für das Publikum jeweils klar erkennbar gewesen war. Das Lied und die Chronik enthielten zwar verletzende Aussagen gegenüber dem Berner Jura. Diese haben aber das Diskriminierungsverbot noch nicht verletzt, sondern bildeten Teil der satirischen Freiheiten. Nicht ganz einig war sich die UBI, ob im Lied „Le paysan oberlandais“ der Berner Jura in unzulässiger Weise mit Nazideutschland verglichen wurde. Die Mehrheit der UBI-Mitglieder vertrat nicht diese Auffassung. Die beiden Beschwerden gegen die Sendung „L’Agence“ mit dem Lied „Le paysan oberlandais“ wurden mit 6:3 Stimmen und diejenigen gegen „Paire de baffles“ einstimmig abgewiesen.

Die neun Mitglieder der UBI berieten zudem über den vielfach ausgestrahlten Trailer von Fernsehen SRF zu den Übertragungen der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Die Rüge der Beschwerdeführerin, der Trailer zeige eine Eiskunstläuferin in sexistischer Weise und sei deshalb diskriminierend, erachtete die UBI als unbegründet. Sowohl die Bekleidung als auch die Bewegung der Eiskunstläuferin wurden im Trailer realistisch dargestellt. Da die anderen Sequenzen des Trailers das Diskriminierungsverbot und die Würde der Frauen ebenfalls nicht verletzten, wies die UBI die Beschwerde einstimmig ab.

Als letzten Fall behandelte die UBI in Genf eine Beschwerde gegen den im Nachrichtenmagazin „10 vor 10“ von Fernsehen SRF ausgestrahlten Beitrag „Fukushima verblasst“. Dieser thematisierte drei Jahre nach der Explosion im Atomkraftwerk von Fukushima auf der Grundlage einer Studie die wieder leicht zunehmende Akzeptanz der Kernenergie in der Schweizer Bevölkerung. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, der Beitrag sei irreführend gewesen, indem er namentlich den Eindruck erweckt habe, die Atomkatastrophe und nicht der Tsunami hätten 20‘000 Todesopfer gefordert. Die UBI kam jedoch zum Schluss, dass alleine aufgrund eines allenfalls missverständlichen Satzes in der Anmoderation die Meinungsbildung des Publikums nicht verfälscht wurde. Die Vermittlung der themenrelevanten Informationen erfolgte sachgerecht und in transparenter Weise. Die UBI wies die Beschwerde daher mit 8:1 Stimmen ab.

Die öffentliche Beratung bildete Teil eines zweitägigen Aufenthalts der UBI in Lausanne und Genf mit Besuchen von Radio- und Fernsehveranstaltern, Begegnung mit kantonalen Behörden sowie Medieninformationen zur UBI und namentlich eine Darstellung der Tätigkeiten der UBI in der französischsprachigen Schweiz. Die integralen Texte der Referate finden sich auf der Website unter http://www.ubi.admin.ch/de/dokumentation_referate.htm.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird durch Roger Blum präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Entscheide der UBI können beim Bundesgericht angefochten werden.