Neues Radio- und Fernsehgesetz für den Ballenberg

Die Legislative (Ständerat und Nationalrat) hat ein Gesetz verabschiedet, das bestens in die historische Umgebung des Ballenberg passt.

Es wird für Private und Firmen eine Zwangsabgabe oder Kopfsteuer eingeführt, unabhängig davon, ob die entsprechenden Medien konsumiert werden oder nicht. Eine Kopfsteuer ist per se asozial. Für Leute mit geringem Einkommen sind auch 400.- CHF sehr viel Geld pro Jahr.

Ganz gegen den Trend läuft auch der Ansatz, dass ich mit einer Pauschalgebühr Inhalte finanzieren muss, die mich gar nicht interessieren.

  • Wozu soll ich teure TV-Rechte an Fussball Live-Sendungen mitfinanzieren, wenn meine sportlichen Neigungen eher bei Skateboard liegen?
  • Warum muss ich für die blamablen Rate- und Quiz-Sendungen zahlen, die im Vorabend Programm laufen?
  • Interessiert mich welcher Promi Hämorrhoiden hat?

Bis jetzt habe ich von den Politikerinnen und Politiker noch keine sinnvolle Antwort erhalten.

Der Staat inszeniert hier eine Mediendiktatur, die im Zeitalter der Informationsgesellschaft völlig quer in der Landschaft liegt. Der Trend geht ganz klar von den etablierten Medien Radio und Fernsehen weg zu Formaten, die via Internet abrufbar sind.
Es ist eklatant, dass die alten Medien in dieser Form unterstützt werden und neue Formate im Internet gehen leer aus. Suisa, Swissimage und ProLitteris hätten hier auch noch ein paar Aufgaben zu lösen. Warum bekommt ein erfolgreicher Autor, der in einem Blog publiziert keine Kopierentschädigungen. Wird der gleiche Artikel in einer abonnierten Zeitschrift abgedruckt, werden Kopierentschädigungen bezahlt!?
Der Staat kann seine Informationsaufgabe gegenüber der Bürgerin und dem Bürger auch in anderer Form erfüllen. Dazu benötigt man kein Staatsradio oder Staatsfernsehen. Jede grössere Verwaltungseinheit hat heute eine Medienbeauftragte. Zu vielen wichtigen Projekten gibt es Medienveranstaltungen mit Medien-Dossiers. Die Pressemeldungen und Ankündigungen der Verwaltung sind fast ausnahmslos auf deren Webpage verfügbar. Zum Teil gibt es sogar Videomittschnitte, die via Internet abrufbar sind. Dazu braucht es keine SRG.
Vollends nachvollziehbar wird dieser Gedanke, wenn man sich überlegt, wie sich die Finanzierung der Übertragungsinfrastruktur verschoben hat. Früher finanzierten TV- und Radio-Sender teure Sendeanlagen. Heute finanziert die Kundin oder der Kunde die Übertragungstechnik, Internet-Anschluss, DSL-Modem, Router, Internetabo etc. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die anvisierten Inhalte in der Regel nicht in der Schweiz, z.B. Serien, Musikvideos etc. Für diese Inhalte ist der Vertriebskanal eines staatlichen Radio und Fernsehens obsolet. Das gleiche gilt auch für die privaten Betreiber.
Höchste Zeit also, dass man den Servicepublic neu definiert,

  • sozial verträglich
  • Service Public eng gefasst
  • individualisiert
  • Kosten nach Konsum verrechnet

Abstimmungs- und Wahlinfos soll die Verwaltung analog FCB-TV, FCZ-TV, Quartier-TV selber produzieren. Abstimmungsunterlagen auf Papier in Ehren, aber ohne QR-Code mit Link auf einen Videobeitrag, wo alles erklärt wird, sind sie obsolet. Das alles wäre mit einem Bruchteil des jetzigen SRG-Budgets möglich und könnte über die Steuern finanziert werden. Damit wäre die Servicepublicaufgabe erfüllt.

Sport-Livesendungen sollten per Pay per View verfügbar sein. So wie das in einzelnen Sportverbänden in der USA teilweise gehandhabt wird.

Unterhaltung, Film, News zu aktuellen Geschehen in der Welt und in dem Land kann man den etablierten Verlagen überlassen. Mit der heutigen Medienkonvergenz ist sowieso jede Zeitung auch ein Videojournal.

Das Staatsfernsehen und –radio in der heutigen Form und mit dem heutigen Finanzierungsmodell darf man getrost in den Ballenberg verabschieden.

Das würde den Blick frei machen auf künftige Medienentwicklungen und die Rolle des Staates in der digitalen Medienlandschaft könnte darin neu gedacht werden.

Schweizer Medienkongress – Rede von Bundesrat Alain Berset

eidgenossenschaft«Im Falle eines Weltuntergangs wäre ich am liebsten in der Schweiz», sagte Albert Einstein. «Dort geschieht alles etwas später.»

Hat Einstein recht? Wahrscheinlich würde der Weltuntergang in der Vernehmlassung zerzaust; spätestens jedoch im Parlament. Vielleicht wären aber auch die verschiedenen Vorstellungen über einen angemessenen Weltuntergang bereits im Bundesrat unüberbrückbar. Und dann das Volk! Man darf annehmen, dass es den Weltuntergang ablehnen würde.

Für einmal irrte Einstein also: Der Weltuntergang geschähe hierzulande nicht einfach später, er wäre völlig chancenlos.

Globaler Markt trifft auf direkte Demokratie

Aber der Zeitgeist ist schon eher pessimistisch. Die Zeitungen sind voll von geopolitischen Unsicherheiten, von der Krise der Mittelschicht, von Abstiegsängsten. Die unheilvollen Schlagzeilen vermehren sich, und das vor dem Hintergrund eines globalen Machtvakuums.

Wer regiert die Welt? Schwer zu sagen. Der amerikanische Politologe Ian Bremmer beispielsweise spricht von der „G-0″. Man könnte auch sagen: Die stärkste Kraft ist die Globalisierung. Sie bringt grosse wirtschaftliche Chancen mit sich, aber auch eine tiefgreifende Verunsicherung. Das führt in vielen Ländern zu einem Rückzug auf das Eigene, Vertraute, Überschaubare.

Diese Dialektik ist auch in der Schweiz zu beobachten. Unser Land gehört zu den am stärksten globalisierten Ländern überhaupt – mit allen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen, die das beinhaltet.

In unserem Land – und nur hier! – treffen die globalen Marktkräfte auf die direkte Demokratie. Die Schweiz ist „bottom-up“ aufgebaut, während die Logik der globalen Wirtschaft stark „top-down“ funktioniert. Das macht die Schweiz zu einem Sonderfall, was die gesellschaftliche Akzeptanz der Globalisierung angeht. Wir beurteilen auch an der Urne, ob die verschiedenen Prozesse der Internationalisierung uns eher bedrohen – oder ob doch die Chancen überwiegen.

Die heutige Schweiz mit ihrer im Weltmassstab überschaubaren Bevölkerung von acht Millionen erscheint in der Logik der internationalen Arbeitsteilung als ein einziger Wirtschafts-Cluster. Und als ein höchst erfolgreicher dazu.

Und trotzdem: In Teilen der Bevölkerung herrscht ein gewisses Unbehagen gegenüber einer Wirtschaft, die als von den Menschen abgekoppelt wahrgenommen wird. Exorbitante Löhne, der Imperativ der ständigen Selbst-Vermarktung oder das Leben unter dem Damokles-Schwert der nächsten Restrukturierung – all diese Aspekte der globalisierten Wirtschaft stossen mit Kernwerten unseres Landes wie Bescheidenheit und Beständigkeit zusammen.

Und auch Ängste vor starker Einwanderung und kultureller Entfremdung haben sich deutlich manifestiert in letzter Zeit. Die Schweiz hat einen der höchsten Ausländeranteile der Welt. Fragen nach der nationalen Identität, nach dem Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden haben zurzeit Hochkonjunktur.

Fazit: Dass es im Gebälk des Schweizer Selbstverständnisses ab und zu knirscht, darf niemanden überraschen. Das häufig diagnostizierte „Unbehagen“ trotz wirtschaftlichem Erfolg ist kein Mysterium. Es ist schlicht Ausdruck der Tatsache, dass die Schweiz demographisch ein Riesenzwerg – aber wirtschaftlich ein kleiner Riese ist.

Die Schweiz gibt komplizierte Antworten

Die Globalisierung und die Europäisierung – die ja nicht nur, aber auch, eine Facette der Globalisierung ist – stellen unser Selbstverständnis in Frage. Die einfachste Antwort wäre natürlich Nationalismus. Wir beobachten denn auch in etlichen Ländern den Aufstieg dieser Kräfte.

In vielen Länder scheint die Identitätsfrage klar und eindeutig zu beantworten sein: „Wir sind wir!“ Die kulturell und sprachlich vielfältige Schweiz kann diese einfache Antwort nicht geben. Wir lassen uns nicht auf einen gemeinsamen kulturellen Nenner bringen.

Nous, ce sont aussi les autres. Ceux avec qui nous partageons un Etat et des valeurs-clé. Au cœur de notre identité, on trouve aussi la démocratie directe, le fédéralisme, le plurilinguisme, la diversité culturelle, le respect des minorités. Le nationalisme n’est donc pas seulement la mauvaise réponse.C’est aussi un danger pour notre pays.

Notre patriotisme ne peut donc être qu’un patriotisme institutionnel. C’est ce qui nous différencie de beaucoup d’autres pays. Un nationalisme ethnico-culturel s’adressant à un collectif homogène ne peut exister dans notre pays.

« Qui sommes-nous ? » : la Suisse est un pays qui ne peut donner qu’une réponse compliquée à cette question pourtant simple.

Confrontés aux différentes forces centrifuges qui agitent notre société, nous avons logiquement tendance à nous tourner vers ce que nous connaissons, ce qui nous est familier.

On ne renforce pas une identité avec des mots, mais bien avec des actes. Se dire patriote est une chose. Contribuer à la cohésion sociale, l’un des piliers de la réussite de notre pays, en est une autre.

Les ressources politiques et culturelles de la Suisse ne sortent pas d’une pochette surprise. On ne les trouve pas non plus dans le sous-sol de la prairie du Grütli. Nous les avons patiemment constituées. Nous les soignons grâce à notre capacité à trouver des compromis, à préserver l’équilibre entre les forces politiques et les différentes régions du pays.

L’histoire de la Suisse est pleine de ces ponts jetés au-dessus de nos fossés religieux, linguistiques, politiques ou sociaux. Je sais, le compromis a plutôt mauvaise presse, mais notre capacité à faire des compromis est un atout majeur. C’est cela notre véritable formule magique. Celle qui nous permet de trouver, encore et toujours, l’équilibre entre compétitivité et solidarité. Préserver cet équilibre est un défi de taille pour notre culture politique.

Il nous faudra parallèlement, et c’est le but du Conseil fédéral avec son Message culture, renforcer notre diversité. Renforcer notre diversité pour répondre à la mondialisation.

Je l’ai dit : résoudre les problèmes et jeter des ponts est inscrit dans notre ADN politique. Et heureusement, car le travail ne manque pas. Regardez le marché de l’emploi: nous devons absolument renforcer notre propre potentiel. On ne peut accepter que les femmes hautement qualifiées ne travaillent qu’à temps partiel parce que leur pays ne leur permet pas de concilier travail et famille. On ne peut accepter non plus, a fortiori dans une société vieillissante, que les plus de 50 ans craignent d’être exclus du marché du travail.
Le culte de la jeunesse a ses limites. Celles du bon sens.

Ces points de friction entre économie et société doivent être résolus au profit de la société, pour que l’économie renforce sa légitimité auprès de la population. Sinon, les votations tourneront systématiquement au règlement de comptes.

Die Gesellschaft ist kein erweitertes Headquarter. Die Gesellschaft ist in mancherlei Hinsicht sogar das exakte Gegenteil eines Unternehmens. Die Unternehmen bevorzugen natürlich die Verfügbarsten, die Flexibelsten, die manchmal zugleich auch die Besten sind. Die Gesellschaft aber ist für alle verantwortlich, nicht nur für die jungen, gesunden, kinderlosen, hoch qualifizierten Spitzenkräfte.

In der Globalisierung wächst auch der Stellenwert der sozialen Sicherheit. Zum „Versprechen Schweiz“ – zum politisch-psychologischen Vertrag zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern – gehört auch ein Alter in materieller Würde.

Die Reform der Altersvorsorge ist ein Lackmus-Test für unsere politische Kultur. Sie wird nur gelingen, wenn wir uns unserer Stärken besinnen: Kompromissfähigkeit, Pragmatismus, die Bildung breiter Koalitionen.

Wir müssen uns verstehen

Die Globalisierung – und mit ihr die Dominanz der Weltsprache Englisch – stellt eine Herausforderung dar für unseren nationalen Zusammenhalt. Unsere Landessprachen sind mehr als ein Kommunikationsmittel – sie sind das Eintritts-Billet zu einer ganzen Kultur. Wir müssen uns in der Schweiz gegenseitig gut verstehen, sonst funktioniert unser Land nicht.

Sicher, das bedeutet Arbeit. Und viele sehnen sich, verständlicherweise, nach Entlastung in einer ohnehin schon anstrengenden Zeit. Aber, um es mit G.K. Chesterton auf Frühenglisch zu sagen: „Do not free a camel of the burden of his hump; you may be freeing him from being a camel.“ Ohne Höcker wäre das Kamel zwar entlastet, aber eben leider kein Kamel mehr. Und ohne Mehrsprachigkeit wäre die Schweiz zwar globalisierungsfähig – aber eben leider nicht mehr die Schweiz.

Zudem gilt es zu bedenken: Die Schweizer KMU, die über 99 Prozent der Unternehmen unseres Landes ausmachen, verlangen von ihren Mitarbeitenden meistens nach wie vor mehr als eine Landessprache. Erwähnenswert scheint mir auch, dass Frankreich Deutschland voraussichtlich bis zur Jahrhundertmitte demographisch überholen wird. Und so zum bevölkerungsreichsten Land auf dem Kontinent wird. Das dürfte auch kulturell und politisch nicht folgenlos bleiben.

„Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“

Sie sind wahrscheinlich schon etwas unruhig, weil Sie bisher nicht kritisiert worden sind. Ich muss Sie enttäuschen: Ich werde den Medien jetzt nicht Mainstream vorwerfen. Die Kritik am Medien-Mainstream ist ja inzwischen selber Mainstream – und aus diesem logischen Widerspruch finde ich nicht heraus.

Lassen Sie mich stattdessen sagen: Ich vertraue der Innovationskraft der Medienhäuser. Und ich bin mir sicher: Es wird immer hochwertigen Journalismus geben.

An der Nachfrage scheitert es jedenfalls nicht. Denn kaum je zuvor war eine gesamtgesellschaftliche Debatte wichtiger als heute. Und diese können nur gute Zeitungen leisten – ob online oder im Print. Denn was ist eine Zeitung? Der amerikanische Dramatiker Arthur Miller hat sie treffend so beschrieben: „Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation“.

Aus aktuellem Anlass stellt sich die Frage: Ist dieses Selbstgespräch in der Romandie gefährdet? In der französisch-sprachigen Schweiz hat der Umbruch in der Zeitungslandschaft in letzter Zeit an Fahrt gewonnen.

Ich beobachte diese Situation von Nahem und kenne die Befürchtungen vieler Romands im Zusammenhang mit dieser Entwicklung. Und ich teile die weit verbreitete Ansicht, dass die französischsprachige Schweiz regionale Zeitungen braucht und unbedingt auch weiterhin überregionale Zeitungen wie Le Temps oder L’Hebdo.

Die Medien ermahnen uns Politiker ja – völlig zurecht – immer wieder, dass Macht auch Verantwortung mit sich bringt. Dasselbe gilt aber auch für die Medienbranche. Auch ihre Macht kann es nicht ohne Verantwortung geben.

Es ist deshalb wichtig, dass die Verlage – ich denke da etwa an Ringier und Tamedia -ihre Verantwortung in der Romandie auch in Zukunft wahrnehmen. Und dass die französischsprachige Schweiz also auch künftig publizistisch starke, eigenständige Zeitungen mit attraktiven Arbeitsbedingungen haben wird.

Das Gemeinwohl kann nicht auf hundert atomisierten Kanälen diskutiert werden – sondern nur in Diskussionsforen, die in die gesamte Gesellschaft ausstrahlen. Denn es reicht nicht, nur die eigenen gesellschaftlichen Kreise im Auge zu behalten. Wer es bis zur Finanz- und Schuldenkrise nicht geglaubt hat, der glaubt es seither: Eine Gesellschaft hat als Ganze Erfolg – oder sie scheitert als Ganze.

Ohne starke Medien wird uns die Entzifferung des grassierenden „Unbehagens“ nicht gelingen. Und es wird uns auch nicht gelingen, dieses Unbehagen zu entschärfen, bevor es politikmächtig wird.

Wobei sich nicht jedes Thema brachial auf Pro und Contra herunter brechen lässt.

Gerade im binären Zeitalter gilt es dem binären Code zu widerstehen. Aber wenn ich die manchmal polarisierte Debatte in den Medien kritisiere, dann meine ich natürlich auch immer uns Politiker. Denn wir sind es ja, die wir uns in diesen Debatten häufig nur allzu gerne profilieren.

Für eine Renaissance der politischen Kultur

Die gegenwärtige Unsicherheit hat auch etwas Befreiendes; man darf wieder denken. Was vom „Washington Consenus“ übrig bleibt, ist lediglich der Konsens, dass es keinen Konsens mehr gibt; dass jedes Land seinen eigenen Weg suchen muss, gemäss seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Institutionen, seinen eigenen Werten.

Die Schweiz ist innenpolitisch ein Sonderfall unter vielen.  Gerade deshalb wird auch die Einordnung der Schweizer Politik in internationale Entwicklungen interessanter. Auch diese Einordnung können nur starke Medien leisten.

Die Globalisierung stellt uns im Bezug auf unsere politische Kultur, unsere Sozialpolitik und unsere kulturelle Identität in Frage. Das heisst aber auch: Wir haben jetzt die Chance, unsere kreativen Energien zu mobilisieren. Wir müssen gute Lösungen suchen. Lösungen, die sich auf die reale Schweiz beziehen – nicht auf eine imaginäre Schweiz.

Die Schweiz ist von ihrem ganzen Staatsaufbau her völlig ungeeignet für nationalistischen Rückzug und kollektives Schmollen. Albert Einstein fühlte sich in unserem Land wohl, weil es Raum für Freiheit und Kreativität lässt, für Vielfalt und Eigensinn. Um ein bekanntes Diktum Einsteins zu paraphrasieren: Man soll es sich mit der Frage nach der nationalen Identität so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.

Das Bewusstsein für die Schweiz wächst, indem das Bewusstsein dafür wächst, wie die Schweiz funktioniert. In diesem Sinne sage ich: Es wäre gut, wenn es uns gelänge, unser Land wieder ein wenig zu verschweizern.

Die Renaissance unserer politischen Kultur würde uns auf eine Weise stärken, die nachhaltig und substanziell ist. Und es wäre eine Art Aufbruch, eine Manifestation neuen Selbstbewusstseins – nach all den Jahren, in denen sich unsere auf Kompromisse ausgerichtete politische Kultur in Richtung Zentrifugal-Demokratie bewegt hat.

Man könnte entgegnen: Aber wir sind doch ein Hort der Stabilität! Ja, das sind wir – aber nicht, weil wir ein statisches Land sind. Sondern, weil wir seit jeher ein dynamisches Land sind, das in einer dynamischen Umwelt nicht verhärtet, porös wird und schliesslich zerbricht.

Eine Schweiz, die einfach nur die Schweiz ist, ist irgendwann nicht mehr die Schweiz. Die Schweiz bleibt nur die Schweiz, wenn sie immer wieder die Schweiz wird.

Radio RTS und Fernsehen SRF verletzten Programmrecht nicht

eidgenossenschaftBern, 11.09.2014 – Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) hat an ihrer öffentlichen Beratung in Genf verschiedene Beschwerden abgewiesen. Sie erachtete zwei satirische Radiobeiträge von RTS zum Berner Jura, den Trailer von Fernsehen SRF zu den Olympischen Winterspielen sowie einen Beitrag von „10 vor 10“ zur Akzeptanz von Kernenergie als vereinbar mit dem Programmrecht.

Im Rahmen ihrer öffentlichen Beratung in Genf hatte die UBI über insgesamt vier ausgestrahlte Sendungen zu befinden. Gleich zwei Beschwerden gingen gegen Radiobeiträge ein, welche sich mit der Volksabstimmung vom November 2013 im Jura beschäftigten, in der sich die Bevölkerung des Berner Jura für den Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen hatte. In der Sendung „L’Agence“ von Radio RTS La Première sang der bekannte Humorist Thierry Meury das Lied „Le paysan oberlandais“ und in der humoristischen Chronik „Paire de baffles“ auf Couleur 3 gab der Moderator einen Kommentar zur ausgebliebenen „Hochzeit“ zwischen den beiden jurassischen Gebieten ab.

Die UBI kam in der Beratung zum Schluss, dass der satirische Charakter für das Publikum jeweils klar erkennbar gewesen war. Das Lied und die Chronik enthielten zwar verletzende Aussagen gegenüber dem Berner Jura. Diese haben aber das Diskriminierungsverbot noch nicht verletzt, sondern bildeten Teil der satirischen Freiheiten. Nicht ganz einig war sich die UBI, ob im Lied „Le paysan oberlandais“ der Berner Jura in unzulässiger Weise mit Nazideutschland verglichen wurde. Die Mehrheit der UBI-Mitglieder vertrat nicht diese Auffassung. Die beiden Beschwerden gegen die Sendung „L’Agence“ mit dem Lied „Le paysan oberlandais“ wurden mit 6:3 Stimmen und diejenigen gegen „Paire de baffles“ einstimmig abgewiesen.

Die neun Mitglieder der UBI berieten zudem über den vielfach ausgestrahlten Trailer von Fernsehen SRF zu den Übertragungen der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Die Rüge der Beschwerdeführerin, der Trailer zeige eine Eiskunstläuferin in sexistischer Weise und sei deshalb diskriminierend, erachtete die UBI als unbegründet. Sowohl die Bekleidung als auch die Bewegung der Eiskunstläuferin wurden im Trailer realistisch dargestellt. Da die anderen Sequenzen des Trailers das Diskriminierungsverbot und die Würde der Frauen ebenfalls nicht verletzten, wies die UBI die Beschwerde einstimmig ab.

Als letzten Fall behandelte die UBI in Genf eine Beschwerde gegen den im Nachrichtenmagazin „10 vor 10“ von Fernsehen SRF ausgestrahlten Beitrag „Fukushima verblasst“. Dieser thematisierte drei Jahre nach der Explosion im Atomkraftwerk von Fukushima auf der Grundlage einer Studie die wieder leicht zunehmende Akzeptanz der Kernenergie in der Schweizer Bevölkerung. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, der Beitrag sei irreführend gewesen, indem er namentlich den Eindruck erweckt habe, die Atomkatastrophe und nicht der Tsunami hätten 20‘000 Todesopfer gefordert. Die UBI kam jedoch zum Schluss, dass alleine aufgrund eines allenfalls missverständlichen Satzes in der Anmoderation die Meinungsbildung des Publikums nicht verfälscht wurde. Die Vermittlung der themenrelevanten Informationen erfolgte sachgerecht und in transparenter Weise. Die UBI wies die Beschwerde daher mit 8:1 Stimmen ab.

Die öffentliche Beratung bildete Teil eines zweitägigen Aufenthalts der UBI in Lausanne und Genf mit Besuchen von Radio- und Fernsehveranstaltern, Begegnung mit kantonalen Behörden sowie Medieninformationen zur UBI und namentlich eine Darstellung der Tätigkeiten der UBI in der französischsprachigen Schweiz. Die integralen Texte der Referate finden sich auf der Website unter http://www.ubi.admin.ch/de/dokumentation_referate.htm.

Die UBI ist eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes. Sie besteht aus neun nebenamtlichen Mitgliedern und wird durch Roger Blum präsidiert. Die UBI hat auf Beschwerde hin festzustellen, ob ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt haben oder eine rechtswidrige Verweigerung des Zugangs zum Programm vorliegt. Entscheide der UBI können beim Bundesgericht angefochten werden.

Medienförderung des Bundes – auf neue Medien ausgerichtet

eidgenossenschaftDie Eidgenössische Medienkommission (EMEK) empfiehlt eine gezieltere und differenziertere Medienförderung
Bern, 05.09.2014 – Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) hat sich mit der Förderung der publizistischen Medien befasst. In einem Bericht an Bundesrat, Parlament und Öffentlichkeit hält sie die Anforderungen fest, die jede Förderungsmassnahme im Interesse der Medienfreiheit erfüllen sollte. Zum Förderkonzept gehören nach Auffassung der Expertengruppe ein sorgfältiges Respektieren der Medienfreiheit und ein Fokus auf insbesondere demokratisch relevante Medienleistungen. Den Service Public von Radio und Fernsehen wird die EMEK in einem späteren Bericht behandeln.

Die EMEK schlägt eine Abkehr von der heutigen Postgebührenverbilligung vor und stellt neue Massnahmen der Medienförderung zur Diskussion.

Die EMEK betont in ihrem Bericht die anhaltende Bedeutung und Wichtigkeit von publizistischen Medien (Massenmedien) für die Gesellschaft und die Demokratie. Bedingt durch die Digitalisierung stellt sie einen fundamentalen Wand fest. Dieser hat zu einer Finanzierungskrise insbesondere für die national und regional verbreiteten Tageszeitungen, geführt. Das Geschäftsmodell der Tageszeitungen ist dauerhaft nicht mehr tragfähig. Dies beeinflusst die journalistischen Möglichkeiten. Medienentwicklung ist zwar vorrangig Sache der Medienunternehmen. Es ist aber auch die Politik gefordert. Der Transformationsprozess sollte begleitet, technische Innovationen sollten gefördert und die journalistische Kultur erhalten und weiterentwickelt werden.

Der tiefgreifende Wandel in der Branche geht auf die Digitalisierung der Medien und auf neue und vielfältigere Gewohnheiten der Mediennutzerinnen und Mediennutzer zurück. Sicherzustellen ist ein breites, vielfältiges Informationsangebot für alle Sprach- und Kulturräume der Schweiz und für die verschiedenen politischen Ebenen. Ein gutes, breites und professionelles Angebot wird vor allem durch Agenturjournalismus erreicht. Agenturangebote können von verschiedenen Medien genutzt werden. Agenturen kommt eine infrastrukturelle Funktion zu. Mögliche Förderungsmassnahmen sind daher die finanzielle Unterstützung einer Nachrichtenagentur, ein Ausbau der Förderung der journalistischen Aus- und Weiterbildung und die Lancierung von Innovationsprojekten im Mediensektor.

Langfristig ist es aus Sicht der EMEK wünschbar, dass der Bund unternehmerische Innovationen im Medienmarkt, herausragende journalistische Projekte und die angewandte Medienforschung fördert. Weil dieser zweite Typ von Förderungsmassnahmen eine staatsferne Organisation voraussetzt, schlägt die EMEK die Gründung einer Stiftung vor. Ein Modell, dass sich in verwandten Gebieten in Form der Pro Helvetia (Kultur) und des Schweizerischen Nationalfonds (Forschung) bereits bewährt hat. Mittels dieser Stiftung können, unter massgeblicher Beteiligung der Branche, verschiedene Fördermassnahmen staatsfern umgesetzt werden.

Grundlage der EMEK-Empfehlungen ist die Einschätzung, dass sich die Medien in einer unumkehrbaren Transformation und Teil des Journalismus sich in einer Krise befinden, ausgelöst durch die technischen Veränderungen und die Infragestellung bestehender Geschäftsmodelle. Der Transformationsprozess betrifft alle Medien, also auch Radio und Fernsehen. Hinzu kommt eine weitreichende Internationalisierung im Mediensektor mit dem Eintreten neuer Konkurrenten in den Schweizer Markt. Die demokratiepolitische Bedeutung der Medienvielfalt und Medienqualität sind in der kleinräumigen und vielfältigen Schweiz besonders gross. Dieser Herausforderung wird die aktuelle Presseförderung in der Schweiz nach Auffassung der EMEK nicht gerecht.

Die EMEK beschreibt im vorgestellten Bericht die Bedeutung der publizistischen Medien als Ganzes und beurteilt die aktuelle Presseförderung. Sie wird sich ab Herbst 2014 mit dem Service Public für Radio und Fernsehen befassen.

Alf-TV Arolfinger Lokalfernsehen mit Prix Wartenfels geehrt

logoDas unabhängige Arolfinger Lokalfernsehen wird für seine Verdienste um die Region ausgezeichnet.

Die Stiftung Schloss Wartenfels verleiht den begehrten Prix Wartenfels jährlich an Persönlichkeiten und Institutionen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Wirtschaft für ihren Einsatz in der Region Olten-Gösgen-Gäu. In diesem Jahr ging der Preis unter anderem an den TV-Sender Alf-TV, der aus der Region und für die Region berichtet und vor allem Menschen und ihre Leistungen aber auch die reizvolle Gegend des Mittellandes präsentiert. Alf-TV erhält den Preis «als Dank und Anerkennung für die Programmvielfalt des Senders Alf, für die Leidenschaft, den Idealismus, das Durchhaltevermögen sowie das ehrenamtliche Schaffen. Die Unabhängigkeit des Senders, der ohne Konzessionsgelder seit 1997 in einem hart umkämpften Markt bestehen kann, ist aussergewöhnlich», sagte Gery Meier in seiner Laudatio.

Seit der Gründung ist Werner Baumann, massgebliche Figur und hauptverantwortlich, dass sich der Regionalsender über die Jahre halten konnte. Baumanns Einsatz ist an allen Ecken und Enden gefragt. Als Mehrheitsaktionär und Geschäftsführer ist er nicht nur für die administrativen Belange verantwortlich. Er kümmert sich auch um die technische Seite, recherchiert, moderiert und schneidet Beiträge und hat mitunter das sendereigene Studio in Schönenwerd fast im Alleingang eingerichtet. Bis 2006 fuhr Baumann gar wöchentlich einmal durchs Sendegebiet, um in den Kopfstationen der Kabelnetzbetreiber die DVD des aktuellen Wochenprogramms einzulegen. Dank zeitgemässer Technik ist dies inzwischen nicht mehr nötig. «Die damals gewonnene Zeit ist längst in andere Bereiche gewichen», rechnet Baumann.

Wünschte sich mehr Fernsehmacher
Dass Alf-TV jeweils ein Wochenprogramm von ein bis zwei Stunden zeigen kann, ist auch ein Resultat eines Teamworks von rund einem Dutzend Ehrenamtlichen, die Zeit und Herzblut investieren, um interessante und immer wieder überraschende Beiträge abzuliefern. «Ohne unser ehrenamtliches Engagement wäre Alf-TV wohl schon längst von der Mattscheibe verschwunden», mutmasst Baumann. Er wünschte sich trotzdem, die Arbeiten auf einige freiwillige Fernseh-Enthusiasten mehr verteilen zu können. Grosse Vorkenntnisse brauche es nicht, bei Alf-TV würden alle Mitarbeitenden «on the job» ausgebildet und in ihre Aufgaben hineinwachsen.

Das Engagement von Werner Baumann und seinen TV-Machern ist auch der Stiftung Schloss Wartenfels nicht verborgen geblieben, und so hat sie Alf-TV mit dem diesjährigen Prix Wartenfels ausgezeichnet. Baumann freut sich über die Auszeichnung und hofft, dass diese auch vom Gewerbe in der Region zur Kenntnis genommen wird. Immerhin ist Alf-TV auch ein sehr günstiges Werbemedium mit einer hohen Reichweite.

In den Kantonen Solothurn und Aargau stark verbreitet
Alf-TV ist in sieben Kantonen sowie auf der eigenen Website www.alf-tv.ch zu sehen. Schwergewichtig konzentrieren sich die Inhalte nach wie vor auf die Kantone Aargau und Solothurn – das ursprüngliche Sendegebiet von Alf-TV.
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Werner Baumann (rechts) freut sich mit einem Teil seiner Arolfinger TV-Macher über den Prix Wartenfels.